Nach schweren Kämpfen im Nord-Kosovo: Westen ruft zum Dialog auf

25.09.2023 15:25

Wenn es im Kosovo kracht, beschwört die westliche Diplomatie
händeringend das friedliche Gespräch. Mit schwer bewaffneten, zur
äußersten Gewalt bereiten serbischen Militanten muss die Regierung in
Pristina allein klarkommen.

Pristina (dpa) - Nach schweren Kämpfen im serbisch bewohnten Norden
des Kosovos mit fünf Toten hat der Westen die Regierung in Pristina
und Serbien zur Fortführung ihres Dialogs aufgerufen.
US-Außenminister Antony Blinken schrieb am Montag auf der Plattform
X, vormals Twitter: «Wir fordern die Regierungen des Kosovos und
Serbiens dazu auf, (...) unverzüglich zum EU-vermittelten Dialog
zurückzukehren.» EU-Kommissionssprecher Peter Stano sagte vor der
Presse in Brüssel, beide Seiten müssten Anstrengungen unternehmen,
«damit wir aus dem ständigen Krisenmodus herauskommen und wieder zur
Problemlösung durch Dialog gelangen».

Am Sonntag hatten schwer bewaffnete serbische Militante in der
Ortschaft Banjska bei Mitrovica kosovarische Polizisten angegriffen.
Der mit Schnellfeuergewehren, Handgranaten, Jeeps und einem
gepanzerten Transportfahrzeug ausgestattete, etwa 30 Mann starke
Trupp hatte sich im Umfeld eines serbisch-orthodoxen Klosters
verschanzt und sich den ganzen Tag Gefechte mit der kosovarischen
Polizei geliefert. Dabei wurden vier serbische Para-Militärs und ein
Polizist getötet, drei weitere Polizisten wurden verletzt. Mehrere
Bewaffnete und mutmaßliche zivile Helfer wurden festgenommen. Bei
Durchsuchungen stellte die Polizei enorme Mengen an Waffen und
militärischen Ausrüstungen, darunter Funkgeräte, sicher.

Einige der festgenommenen Personen würden der kosovo-serbischen
militanten Organisation «Zivilschutz» angehören, sagte Innenminister

Xhelal Svecla. Diese wird nach Erkenntnissen kosovarischer
Strafverfolger von der serbischen Regierung gelenkt, finanziert und
großzügig mit Waffen ausgestattet.

Bei den Kampfhandlungen am Sonntag handelte es sich um den schwersten
Zwischenfall im angespannten Verhältnis zwischen dem Kosovo und
Serbien seit Jahren. Zuletzt waren im Nord-Kosovo bei Ausschreitungen
serbischer Mobs gegen kosovarische Polizisten und Soldaten der
Nato-geführten Schutztruppe KFOR im Mai Dutzende Angreifer und
Uniformierte verletzt worden.

Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich
1999 nach serbischen Kriegsverbrechen an der kosovo-albanischen
Zivilbevölkerung mit Nato-Hilfe von Serbien abgespalten und 2008 für
unabhängig erklärt. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland,
erkennen die Unabhängigkeit an. Serbien, Russland, China und fünf
EU-Mitgliedsländer tun dies nicht. Belgrad fordert die Rückgabe
seiner einstigen Provinz oder zumindest die Zuerkennung des fast
ausschließlich von Serben bewohnten nördlichen Landesteils.

Unter der Vermittlung Borrells und des EU-Sonderbeauftragten Miroslav
Lajcak verhandeln das Kosovo und Serbien seit mehreren Monaten über
eine Normalisierung ihres Verhältnisses. Die Gespräche blieben
allerdings bislang ohne Erfolg.