Faeser erwartet Einigung auf Kernelement geplanter EU-Asylreform

27.09.2023 22:24

Die Bundesregierung geriet in Brüssel wegen ihrer Position zur
geplanten EU-Asylreform immer mehr unter Druck, die Verhandlungen
stockten. Nun steht laut Bundesinnenministerin Faeser ein Durchbruch
kurz bevor.

Brüssel (dpa) - Bundesinnenministerin Nancy Faeser erwartet, dass es
an diesem Donnerstag in Brüssel zu einem Durchbruch in den
Verhandlungen über ein Kernelement der geplanten Reform des
europäischen Asylsystems kommt. Sie gehe davon aus, dass es eine
politische Einigung bei der umstrittenen EU-Krisenverordnung geben
werde, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur am
Mittwochabend am Rande einer Feier zum bevorstehenden Tag der
Deutschen Einheit. Die EU-Innenminister treffen sich am Donnerstag in
Brüssel, um über die geplante Asylreform zu beraten.

Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Angaben aus
Regierungskreisen im Kabinett den Kurs ausgegeben, dass die
Krisenverordnung nicht länger blockiert werden dürfe. Insbesondere
die Grünen hatten die Verordnung in der Vergangenheit abgelehnt, weil
sie befürchteten, dass in Krisensituationen die Schutzstandards für
Migranten in inakzeptabler Weise abgesenkt werden könnten.

Die Krisenverordnung ist Teil der geplanten Asylreform, mit der unter
anderem die irreguläre Migration begrenzt werden soll. So soll etwa
bei einem besonders starken Anstieg der Migration der Zeitraum
verlängert werden können, in dem Menschen unter haftähnlichen
Bedingungen festgehalten werden können.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die am Donnerstag ihren
italienischen Kollegen Antonio Tajani in Berlin empfängt, äußerte
sich zunächst nicht zu Faesers Prognose. Aus dem Auswärtigen Amt hieß

es am Mittwoch zum Stand der Verhandlungen über die Verordnung nur:
«Jetzt wird in Brüssel endlich richtig verhandelt.»

Dass der aktuelle Entwurf für die Krisenverordnung vor der Einigung
noch einmal signifikant verändert werden könnte, galt in Brüssel am
Abend als sehr unwahrscheinlich. Es seien vermutlich nur noch
kleinere Anpassungen möglich, hieß es.

Sobald der Streit über die Krisenverordnung beigelegt ist, können
wohl auch für die Reform wichtige Verhandlungen mit dem Europäischen
Parlament fortgesetzt werden. Denn das Parlament hatte zuletzt
angekündigt, Teile der Gespräche zu blockieren, bis sich die
EU-Staaten beim Thema Krisenverordnung positioniert haben.

Das ist vor allem wegen der nahenden Europawahl im Juni 2024 brisant.
Projekte, die bis dahin nicht mit den Regierungen der Mitgliedstaaten
ausgehandelt sind, könnten anschließend wieder infrage gestellt
werden und sich lange verzögern. Im Fall der geplanten Reform des
Asylsystems wäre dies ein besonders großer Rückschlag. An dem Projekt

wird bereits seit Jahren gearbeitet.

Das Thema dürfte auch bei anstehenden Wahlen in den Mitgliedstaaten
und bei der Europawahl eine Rolle spielen. Vor allem rechte Parteien
wie die AfD werfen der EU seit langem Versagen im Kampf gegen
illegale Migration vor.