Baerbock: «Das gemeinsame europäische Asylsystem muss jetzt kommen»
28.09.2023 16:18
Berlin (dpa) - Im Ringen um die EU-Asylreform hofft Außenministerin
Annalena Baerbock auf eine rasche Einigung unter Berücksichtigung
deutscher Vorschläge bei der geplanten Krisenverordnung. «Das
gemeinsame europäische Asylsystem muss jetzt kommen», sagte die
Grünen-Politikerin am Donnerstag nach einem Treffen mit ihrem
italienischen Amtskollegen Antonio Tajani in Berlin. Die
Bundesregierung habe «in den letzten Stunden intensiv verhandelt» und
«etliche Punkte» in den Kompromiss zur Krisenverordnung hineinbringen
können. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) habe auch bereits deutlich
gemacht, «wo wir uns mehr gewünscht hätten».
Zuvor hatte Faeser beim EU-Innenministertreffen in Brüssel
Deutschlands Zustimmung zu der Krisenverordnung angekündigt. Durch
diese Verordnung als zentrales Element der geplanten EU-Asylreform
soll unter anderem der Zeitraum verlängert werden können, in dem
Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können.
Baerbock sagte: «Über Monate (...) sind keine der deutschen
Vorschläge in der Krisenverordnung zu Humanität und Ordnung
aufgenommen worden.» Deswegen hätten Faeser und sie selbst «in einer
gemeinsamen Kraftanstrengung der letzten Tage» deutsche Anliegen zu
Humanität und Ordnung in den Kompromissvorschlag hineinverhandelt.
«Die letzten 48 Stunden haben gezeigt, wie wichtig es ist, bis zur
letzten Minute als deutsche Ministerin für deutsche, aber auch eben
für europäische Interessen zu kämpfen», sagte die Grünen-Politike
rin.
«Wir setzen jetzt darauf, dass es in der letzten Minute, wo jetzt
noch eine Kleinigkeit offen ist, dass es dafür jetzt auch eine
gemeinsame Mehrheit gibt», so Baerbock, ohne Einzelheiten zu nennen.
«Denn ohne Humanität in der Krise gibt es in Sachen Migration auch
keine Ordnung.»
Die Einigung der EU-Staaten auf ein Asylpaket müsse nun im Dialog mit
dem Europäischen Parlament und der Kommission «über die Ziellinie»
gebracht werden. Zudem sei es gemeinsames Ziel, dass sich gar nicht
erst Menschen mit wackeligen Kähnen auf eine gefährliche Überfahrt
über das Mittelmeer machten. Nötig seien Abkommen mit den
Herkunftsstaaten, die auch die Rückführung von Menschen ohne Anspruch
auf Asyl oder Schutz beschleunigten.
«Das Sterben im Mittelmeer darf niemals normal, darf niemals zum
europäischen Alltag werden», sagte Baerbock. Mindestens 2300 Menschen
seien bei der Überfahrt in diesem Jahr bereits ums Leben gekommen.
Baerbock dankte der italienischen Küstenwache, die viele Menschen vor
dem Ertrinken gerettet habe. Allerdings hätten auch freiwillige
Seenotretter eine lebensrettende Aufgabe.
Tajani sagte: «Kein Land darf alleingelassen werden.» Es müsse
verhindert werden, dass Schlepper die Not der Menschen
ausnützen. «Insofern muss man sehr stark reagieren gegen diese
Schlepperorganisationen.» Dazu müssten Abkommen geschlossen werden
mit den Ländern, aus denen die Migranten starteten. Tajani sprach
sich für eine strategische Aktion Europas mit Investitionen aus, die
Wachstum in Afrika förderten. «Es ist schwierig, dass hier ein
einziges Land damit zurechtkommt.»