Korruptionsaffäre im EU-Parlament: Schlüsselfigur darf aus Hausarrest
29.09.2023 16:57
Aus den Ermittlungen zu möglicher Korruption im Europäischen
Parlament dringen seit einiger Zeit kaum mehr Details nach Außen.
Jetzt entlässt ein Haftrichter eine weitere Schlüsselfigur aus dem
Hausarrest. Wurden möglicherweise Fehler gemacht?
Brüssel (dpa) - In dem Strafverfahren zum Bestechungsskandal im
Europäischen Parlament hat die belgische Justiz den mutmaßlichen
Drahtzieher Antonio Panzeri aus dem Hausarrest entlassen. Panzeri
dürfe seine elektronische Fußfessel unter Auflagen ablegen, sagte ein
Sprecher der Staatsanwaltschaft in Brüssel am Freitag der Deutschen
Presse-Agentur. Dem Italiener ist es demnach weiter verboten, mit
anderen Beschuldigten in Kontakt zu treten und das Land zu verlassen.
Panzeri war der einzige Verdächtige, der zuletzt noch strengen
belgischen Zwangsmaßnahmen unterworfen war. Der frühere
EU-Abgeordnete wird verdächtigt, eine Schlüsselfigur in dem Ende
vergangenen Jahres öffentlich gewordenen Bestechungsskandals zu sein.
Dabei geht es um mutmaßliche Einflussnahme auf Entscheidungen des
EU-Parlaments durch die Regierungen von Katar und Marokko. Die
Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten Korruption, Geldwäsche und
Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor. Zu ihnen gehört
auch die ehemalige Vizepräsidentin des Parlaments, Eva Kaili.
Die Griechin war Anfang Dezember festgenommen worden. Im April durfte
sie das Gefängnis nach rund vier Monaten unter Auflagen verlassen,
musste aber zunächst mit elektronischer Überwachung im Hausarrest
bleiben. Diese Zwangsmaßnahme war im Mai bei ihr aufgehoben worden.
Panzeri hatte im Januar eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft
unterschrieben, in der er zusagte, umfassend zur Aufklärung des
Skandals beizutragen. Der Deal sieht vor, dass er im Gegenzug für
seine Kooperation eine kürzere Haftstrafe erhält. Außerdem sollen
Vermögenswerte in Höhe von einer Million Euro eingezogen werden.
In den Skandal sind auch die noch amtierenden EU-Abgeordneten Marc
Tarabella und Andrea Cozzolino sowie Francesco Giorgi, der
Lebensgefährte Kailis, verwickelt. Panzeri will Tarabella nach
eigenen Angaben für seine Unterstützung im Zusammenhang mit Aufträgen
aus Katar in mehreren Raten mehr als 120 000 Euro in bar gegeben
habenk. Cozzolino soll von seinem Assistenten Giorgi Instruktionen
für politische Positionierungen zum Vorteil von Katar und oder
Marokko entgegengenommen haben.
Inwieweit die Anschuldigen bewiesen werden können, ist bislang
unklar. Zuletzt hatte die Staatsanwaltschaft bestätigt, dass bei den
Ermittlungen derzeit auch mögliche Formfehler untersucht werden
müssen. Bis Mitte Mai kommenden Jahres soll demnach geprüft werden,
ob bei den Ermittlungen gegen Kaili, deren Immunität verletzt wurde.