Günther will mit Nord-CDU zur EU-Wahl wieder Nummer eins werden
01.10.2023 07:00
Die Niederlage beid er Europawahl 2019 soll für die Nord-CDU ein
Ausrutscher bleiben: 2024 will die Partei von Ministerpräsident
Günther wieder stärkste Kraft werden. Günther gibt sich selbstbewusst
und bei einem politischen Reizthema zuversichtlich.
Kiel (dpa/lno) - Bei der Europawahl im nächsten Jahr will die CDU in
Schleswig-Holstein Platz 1 zurückerobern. «Wir wollen wieder stärkste
Kraft werden und stellen uns dafür personell wie inhaltlich gut auf»,
sagte der CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Daniel Günther,
der Deutschen Presse-Agentur. 2019 wurde die Union nur zweitstärkste
Partei hinter den Grünen. «Im nächsten Jahr trauen wir uns ein
Ergebnis deutlich über dem Bundestrend zu», sagte Günther.
Ihre Landesliste zur EU-Wahl beschließt die CDU bei einer sogenannten
Landesvertreterversammlung an diesem Donnerstag in Neumünster. Für
Platz 1 hat der Landesvorstand den bisherigen EU-Abgeordneten Niclas
Herbst (50) nominiert. Nur auf 3 rangiert der frühere Fraktions- und
Landeschef Christian von Boetticher (52), der seine Bewerbung für die
Spitzenkandidatur angekündigt hat. So wird die Abstimmung mit
Spannung erwartet. Für Rang 2 schlug der Landesvorstand die Juristin
Hannah Wadephul (28) vor, Tochter des Vizechefs der Unionsfraktion im
Bundestag, Johann Wadephul. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die
Nord-CDU auch künftig einen Vertreter im EU-Parlament haben.
Von Boetticher hatte seine politischen Ämter 2011 aufgegeben, nachdem
eine frühere Beziehung zu einer 16-Jährigen bekanntgeworden war. Die
Umstände belasteten das Verhältnis zwischen Boetticher und Günther,
der damals Landesgeschäftsführer und Pressesprecher der CDU war.
Mittlerweile ist das Günther zufolge anders: «Uns zeichnet seit
Jahren eine gute Zusammenarbeit aus», sagte er. «Wir haben uns längst
ausgesprochen, da steht nichts zwischen uns.» Von Boetticher spiele
als Vorsitzender des Kreisverbandes Pinneberg eine gewichtige Rolle
in der Landespartei.
Er würde Boetticher auch einen Wiedereinstieg in die Bundespolitik
wünschen, sagte Günther. «Ich war aber etwas überrascht, als er mic
h
über seine Kandidatur für die Europaliste informierte. Ich hatte
vermutet, dass er Interesse an einer Kandidatur für den Bundestag im
Pinneberger Wahlkreis hat.»
Für das EU-Parlament habe er von Anfang an Herbst für Platz 1
vorgeschlagen; es spreche auch alles dafür, dass dieser das
weitermachen sollte. «Er leistet im Europaparlament spitzenmäßige
Arbeit», sagte Günther. «Er hat im Haushaltsausschuss eine
Schlüsselrolle bei Finanzfragen der EU gespielt und als einziges
deutsches Mitglied im Fischereiausschuss für die Belange von
Schleswig-Holstein gestritten.» Diese Haltung werde er auch auf der
Landesvertreterversammlung deutlich machen, betonte Günther.
Die CDU bestimmt am Donnerstag auch den Landesvorstand neu. Günther
tritt ohne Gegenkandidaten erneut für den Vorsitz an. 2021 holte er
mit 84 Prozent kein herausragendes Ergebnis. «Ich hoffe auf große
Rückendeckung», sagte Günther zur anstehenden Wahl. Erstmals seit
einem Vierteljahrhundert wählt die CDU wieder einen Generalsekretär.
Dieses Amt soll der Landtagsabgeordnete Lukas Kilian übernehmen, der
es bereits seit acht Monaten kommissarisch ausübt. «Wir setzen mit
unserem Personalangebot auf Kontinuität und Erneuerung zugleich»,
sagte Günther.
Für den Vize-Landesvorsitz kandidieren erneut Bildungsministerin
Karin Prien und Wirtschaftsstaatssekretär Tobias von der Heide sowie
neu die Bundestagsabgeordnete Petra Nicolaisen und der
Landesvorsitzende der Jungen Union, Felix Siegmon. Die
Bundestagsabgeordnete Astrid Damerow und Landtagsfraktionschef Tobias
Koch treten nicht wieder an; letzterer gehört aber kraft Amtes weiter
dem geschäftsführenden Vorstand an.
Neben diversen anderen Themen steht beim Parteitag ein besserer
Schutz der Ostsee auf der Tagesordnung. Dabei wird eine breite
Mehrheit für einen Antrag mehrerer Kreisverbände, der Jungen Union
und des Landesvorstandes erwartet. Statt auf einen Nationalpark, wie
vom grünen Koalitionspartner angestrebt, zielt das Papier darauf,
Naturschutzmaßnahmen zu forcieren, Nährstoffeinträge zu reduzieren,
freiwillige Vereinbarungen weiterzuentwickeln, lokale Aktionen zu
unterstützen und die Bergung von Munitionsaltlasten mit Hilfe des
Bundes schnellstmöglich voranzubringen.
«Ein «Weiter so» darf es nicht geben», sagte Günther. Der Antrag
enthalte viele konkrete Maßnahmen, die aus CDU-Sicht geeigneter seien
als die Errichtung eines Nationalparks. «Wir sollten den Schutz der
Ostsee gemeinsam mit denen umsetzen, die sie auch nutzen», sagte
Günther.
Die Diskussionen der vergangenen Monate hätten klar gezeigt: «Uns
alle eint das Ziel, den Zustand der Ostsee zu verbessern - daran
haben alle Akteurinnen und Akteure riesiges Interesse», sagte
Günther. «Ich habe auch keinen Zweifel, dass wir uns am Ende mit den
Grünen in der Koalition auf einen klugen Weg für mehr Ostseeschutz
verständigen werden.»