EU zielt auf Russlands Diamantenexport - Die Nacht im Überblick

16.11.2023 05:00

Es gibt in Russland kaum offenen Protest gegen den Angriffskrieg
gegen die Ukraine. Doch ein Zeichen des Unmuts sind Angriffe auf eine
verhasste Militärbehörde. Ein Überblick über Geschehnisse der Nacht

und ein Ausblick auf den Tag.

Kiew/Brüssel (dpa) - Russland muss wegen seines Krieges gegen die
Ukraine mit weiteren Strafmaßnahmen der EU rechnen. Dazu zählt nach
Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch der Vorschlag, den
Handel mit Diamanten aus Russland zu beschränken. Wie der Auswärtige
Dienst der EU mitteilte, wurde den 27 Mitgliedstaaten ein Vorschlag
für ein zwölftes Sanktionspaket übermittelt. Es wird nun von
Regierungsvertretern geprüft und soll im Idealfall bis Ende des
Jahres in Kraft gesetzt werden.

Nach fast 21 Monaten des russischen Angriffskrieges appellierte
Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch an den Kampfeswillen seiner
Landsleute. Die Ukrainer könnten es sich nicht leisten, vor dem Krieg
die Augen zu verschließen, sagte er in Kiew: «Wir müssen kämpfen.
»
Das ukrainische Militär zählt am Donnerstag den 631. Tag des Krieges.

In Russland wird der von Präsident Wladimir Putin befohlene Krieg von
vielen Menschen unterstützt. Allerdings wurden als Zeichen des
Protests in den vergangenen Tagen wieder mehrere Anschläge auf
Musterungsämter der Streitkräfte verübt.

EU bringt zwölftes Sanktionspaket auf den Weg

Den Angaben aus Brüssel zufolge will die EU Aus- und Einfuhrverbote
für weitere Güter aus Russland beschließen. Auch soll der zuletzt
kaum noch wirksame Preisdeckel für russische Ölexporte in
Drittstaaten verschärft werden. Anders als Großbritannien hat die EU
bislang kein Importverbot für Diamanten und Aluminium aus Russland
angekündigt. Grund war bis dato vor allem der Widerstand Belgiens, wo
die flämische Hafenstadt Antwerpen seit dem 16. Jahrhundert eines der
bedeutendsten Diamantenzentren der Welt ist. Russland gilt wiederum
als weltweit größter Produzent von Rohdiamanten. 2021 hatte der
staatliche Diamantenförderer Alrosa Einnahmen in Höhe von 332
Milliarden Rubel (rund 3,38 Milliarden Euro).

Das elfte EU-Sanktionspaket war im Juni in Kraft getreten. Es
umfasste unter anderem ein Instrument gegen das Umgehen bereits
erlassener Sanktionen. Schon länger gibt es Einfuhrverbote für Rohöl,

Kohle, Stahl, Gold und Luxusgüter sowie Strafmaßnahmen gegen Banken
und Finanzinstitute. Die Liste der wegen des Ukraine-Konflikts
sanktionierten Personen, Organisationen und Firmen umfasst
mittlerweile rund 1800 Einträge.

Selenskyj: Russland kann immer noch Böses tun

Durch russischen Beschuss wurden im Süden und Osten der Ukraine
offiziellen Angaben zufolge am Mittwoch mindestens fünf Zivilisten
getötet und 17 weitere verletzt. In der Region Saporischschja starben
nach Angaben des Zivilschutzes mindestens drei Männer nach
Einschlägen russischer Raketen. Zwei der Toten seien Rettungskräfte
gewesen, die nach den ersten Treffern zu Hilfe gekommen seien.

«Russland ist immer noch in der Lage, Böses zu tun», sagte Selenskyj

in seiner Videoansprache. «Wir müssen kämpfen. Wir müssen unserer
Verteidigung oberste Priorität einräumen. Und wir müssen unseren
Staat jeden Tag stärker machen.»

Ukraine macht Kriegsrisikoversicherungen für Schiffe günstiger

Die Ukraine senkt mit britischer Hilfe die Versicherungsprämien für
Schiffe, die trotz des Krieges ukrainische Schwarzmeerhäfen anlaufen.
Dies solle Getreideexporte aus der Ukraine unterstützen, sagte
Ministerpräsident Denys Schmyhal. Es gebe eine Kriegsrisikodeckung
von 50 Millionen US-Dollar (46,1 Millionen Euro) für jedes Schiff.
Dazu kämen weitere 50 Millionen Dollar an Schutz- und
Haftpflichtversicherung je Reise in die Ukraine. Von ukrainischer
Seite garantieren die staatlichen Banken Ukreximbank und Ukrgasbank
die Summen, von britischer Seite die Rückversicherer Marsh McLennan
und Lloyd's of London. Auch die deutsche DZ Bank ist beteiligt.

Russland hatte seine Sicherheitszusage für ukrainische
Getreideexporte im Juli zurückgezogen. Deshalb richtete die Ukraine
einen eigenen Schiffskorridor zu ihren Häfen am Schwarzen Meer ein.
Etwa 100 Schiffe haben seitdem die riskante Passage gewagt; es wurde
wieder mehr Getreide ausgeführt. Vergangene Woche beschoss die
russische Luftwaffe aber einen Frachter unter der Flagge von Liberia,
der in einem Hafen bei Odessa lag. Ein ukrainischer Lotse wurde
getötet, drei philippinische Seeleute wurden verletzt.

Brandanschläge auf russische Musterungsämter

In Russland hat es erneut mehrere Brandanschläge auf örtliche
Musterungsämter gegeben. Sicherheitskräfte nahmen am Mittwoch in St.
Petersburg Medienberichten zufolge eine 75 Jahre alte Frau fest, die
ein Auto vor dem Einberufungszentrum der Armee angezündet haben soll.
Am Dienstag berichtete der russische Telegram-Kanal Shot über
Brandattacken auf zwei russische Militärämter in Perm am Ural und in
der Stadt Prochladny im Kaukasus.

Am Montag soll in der rund 20 Kilometer südlich von Moskau gelegenen
Stadt Podolsk ein Kreiswehrersatzamt gleich zweimal im Laufe eines
Tages angegriffen worden sein, wie Shot berichtete. Am selben Tag
warf ein 70-Jähriger im rund 70 Kilometer weiter südwestlich
gelegenen Obninsk nach Angaben lokaler Medien einen Brandsatz auf die
örtliche Militärbehörde. Weitere Berichte gab es über Angriffe auf

die Büros in Sewastopol auf der Krim und in der Region Swerdlowsk.
Die letzte große Welle an Brandangriffen auf russische
Kreiswehrersatzämter hatte es im Juli gegeben.

Russische Wirtschaft wächst stärker als erwartet

Die russische Wirtschaft ist im Sommer stärker gewachsen als
erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im dritten Quartal um
5,5 Prozent zum Vorjahr zu, wie das nationale Statistikamt am
Mittwoch bekannt gab. Dies ist das stärkste Plus seit dem vierten
Quartal des Jahres 2021. Volkswirte hatten mit einem Wachstum von 5,1
Prozent gerechnet. Gestützt wird das Wachstum durch die hohen
Staatsausgaben im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine.

Das wird am Donnerstag wichtig

An den Fronten im Osten und Süden der Ukraine greifen russische
Truppen an mehreren Abschnitten an. Das ukrainische Militär rechnet
mit heftigen Gefechten bei den Städten Kupjansk, Bachmut, Awdijiwka
und Marjinka.