Lagarde wirbt für europäische Börsenaufsicht

17.11.2023 10:43

Europa braucht zur Bewältigung der gewaltigen finanziellen
Herausforderungen der nächsten Jahre einen leistungsfähigen
Kapitalmarkt. EZB-Präsidentin Lagarde hat dazu einen Vorschlag.

Frankfurt/Main (dpa) - Die Fragmentierung des europäischen
Kapitalmarkts könnte nach Ansicht von EZB-Präsidentin Christine
Lagarde auch mit Hilfe einer gemeinsamen Börsenaufsicht überwunden
werden. Während der starke Kapitalmarkt in den USA seit Jahrzehnten
von der einheitlichen Aufsicht der SEC profitiere, finde die direkte
Kontrolle in Europa weitgehend auf nationaler Ebene statt, sagte
Lagarde am Freitag bei einem Bankenkongress in Frankfurt. Das führe
zu einer Zersplitterung bei der Anwendung von EU-Vorschriften.

«Die Schaffung einer europäischen Börsenaufsichtsbehörde, zum
Beispiel durch Ausweitung der Befugnisse der ESMA, könnte die Lösung
sein», sagte Lagarde mit Blick auf die Europäische Wertpapier- und
Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Dazu bräuchte die ESMA Lagardes Ansicht
nach «ein breitgefächertes Mandat, das auch eine direkte
Beaufsichtigung umfasst, um systemische Risiken zu mindern», wie sie
etwa von großen grenzüberschreitenden Unternehmen ausgehen.

Die Euro-Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) dringen
seit Langem auf Fortschritte bei der Vereinheitlichung von Finanz-
und Kapitalmärkten in Europa, einschließlich der Weiterentwicklung
der Kapitalmarktunion. Bei dieser geht es im Kern darum,
bürokratische Hürden zwischen den einzelnen Staaten der Europäischen

Union abzubauen, um Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich
Geld zu beschaffen. Seit 2015 liegen Pläne der EU-Kommission dafür
auf dem Tisch.

«Trotz zweier Aktionspläne der Europäischen Kommission bleibt der
europäische Kapitalmarkt fragmentiert», stellte Lagarde fest. Für den

grünen Umbau der Wirtschaft sind jedoch gewaltige Summen Kapital
notwendig - auch von privaten Investoren. «Wir werden diese Übergänge

nicht schaffen, wenn wir die Kapitalmarktunion nicht wieder auf Kurs
bringen», sagte Lagarde. Die Europäer müssten auf ihrem «guten Will
en
aufbauen und weitergehen, denn sonst riskieren wir, dass Europa nicht
in der Lage ist, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen»,
mahnte die EZB-Präsidentin.