Linke bestimmen Schirdewan und Rackete zum Spitzenduo für Europawahl

18.11.2023 19:47

Augsburg (dpa) - Die Linke geht mit Parteichef Martin Schirdewan und
der parteilosen Flüchtlings- und Klimaaktivistin Carola Rackete als
Spitzenduo in den Europawahlkampf. Rackete wurde am Samstagabend beim
Parteitag in Augsburg von den rund 440 Delegierten mit 77,8 Prozent
Zustimmung auf den zweiten Platz der Europawahlliste gewählt. Zuvor
war Schirdewan mit 86,9 Prozent zum Spitzenkandidaten bestimmt
worden.

Während die 35-jährige Rackete keine Gegenkandidatin hatte, musste
der Bundesvorsitzende überraschend gegen einen anderen Bewerber
antreten. Der Hamburger Bijan Tavassoli erklärte seine Kandidatur und
sorgte anschließend für einen Eklat. Tavassoli nutzte seine Rede für

eine Beschimpfung der Partei und eine Lobrede auf Sahra Wagenknecht,
die kürzlich aus der Linken ausgetreten war. Dann erklärte er
ebenfalls seinen Austritt aus der Partei.

Tavassoli hatte bei der Kandidatenkür aber keine Chance und kam nur
auf rund zwei Prozent der Stimmen, ehe er von Sicherheitspersonal aus
der Halle geführt wurde. Das Parteitagspräsidium sprach von einer
«Störaktion», Schirdewan von einem «unschönen Zwischenfall».
Tavassoli war bereits in der Vergangenheit mit provokanten Aktionen
aufgefallen.

Die Kandidatur von Rackete wurde von vielen Delegierten mit großem
Applaus begleitet. Sie wurde als Kapitänin des Schiffs «Sea Watch 3»

international bekannt, indem sie mit ihrer Crew Flüchtlinge aus
Seenot rettete. Im Jahr 2019 hatte sie trotz eines Verbots der
italienischen Behörden auf der Insel Lampedusa angelegt.

Am Vortag der Wahl hatte Rackete mit einem Interview bei einigen
Linken für Unmut gesorgt. Sie sagte dem Portal «Zeit Online», dass
sich die Linke sich noch mal konsequent von der SED-Vergangenheit
distanzieren und diese Zeit aufarbeiten solle. Später erklärte
Rackete auf X, früher Twitter, dass dies «eine unbedachte Äußerung
»
gewesen sei. Die Linke habe ihre Vergangenheit aufgearbeitet,
erklärte sie. Zu Beginn ihrer Bewerbungsrede distanzierte sie sich
nochmals von ihrer früheren Aussage: «Da habe ich Mist gemacht.»