Ehekrise und Liebeserklärung: D-Mark-Altbestände sorgen für Emotionen Von Jörn Bender und Friederike Marx, dpa
16.12.2023 07:00
Selten ist der Umtausch alter Münzen und Scheine derart mit Emotionen
verbunden wie bei zwei Fällen, die der Bundesbank im laufenden Jahr
unterkamen. Viel Arbeit bleibt den Experten auf jeden Fall:
D-Mark-Bestände im Milliardenwert sind noch nicht in Euro getauscht.
Frankfurt/Main (dpa) - Streit in Partnerschaften entzündet sich oft
an Kleinigkeiten - selten jedoch kommt die Bundesbank als
Schlichterin ins Spiel: Dass ihr Mann ohne ihre Zustimmung 20,78
D-Mark zum Umtausch an die Bundesbank schickte, ärgerte eine Ehefrau
so, dass der Mann noch vor Eingang der Münzen in der Mainzer
Bundesbank-Filiale dort eilends um deren Rücksendung bat. «Zum Glück
haben die Kolleginnen und Kollegen der Filiale Mainz die Postsendung
erkannt und postwendend zurückgeschickt. Wir konnten den Konflikt
somit hoffentlich ein wenig entschärfen», schilderte
Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz im Gespräch mit der Deutschen
Presse-Agentur in Frankfurt.
In mehr als 91 000 Fällen unterdessen konnte die Deutsche Bundesbank
im laufenden Jahr erfolgreich alte Scheine und Münzen in Euro
umtauschen. Gut 53 Millionen D-Mark im Gegenwert von mehr als 27
Millionen Euro kamen von Januar bis Ende November zusammen. Damit
stieg das Volumen zum zweiten Mal in Folge. «Wir rechnen damit, dass
auch in den nächsten Jahren viel D-Mark umgetauscht wird», sagte
Balz. «Vor allem beim Aufräumen von vererbten Häusern und Wohnungen
dürften noch D-Mark gefunden werden.»
Auch fast 22 Jahre nach der Einführung des Euro-Bargeldes zum
Jahreswechsel 2001/2002 sind D-Mark-Scheine und -Münzen im
Milliardenwert noch nicht zurückgegeben. Nach Angaben der Bundesbank
belief sich der noch ausstehende Gesamtwert Ende November 2023 auf
knapp 12,2 Milliarden Mark (etwa 6,24 Mrd. Euro).
«Ich bin immer wieder beeindruckt, wie viel D-Mark auch im dritten
Jahrzehnt nach Ablösung der nationalen Währung durch den Euro noch
nicht den Weg zurück zur Bundesbank gefunden hat», sagte Balz. Einige
der alten Banknoten und Münzen dürften nie umgetauscht werden - zum
Beispiel, weil sie in Händen von Sammlern sind. Die Bundesbank
vermutet zudem erhebliche Bestände im Ausland, denn die D-Mark war
weltweit als Reservewährung beliebt.
Die Liebe der Deutschen zum Bargeld äußert sich immer wieder in
Umfragen. Eine handschriftliche Liebeserklärung auf einer Banknote
dürfte allerdings Seltenheitswert haben: «Mein Mäuschen, ich wollte
Dir nur sagen, wie sehr ich Dich vermisse. Dein Schatz.» So schrieb
der Verfasser - die Bundesbank vermutet, es war ein Mann - auf einen
Fünf-D-Mark-Schein, der in diesem Jahr den Weg zur Notenbank fand.
Sogar Datum und Uhrzeit der Liebesbekundung wurde auf der Banknote
festgehalten: 14.6.1996, 23.20 Uhr. Augenscheinlich sei der Fünfer 27
Jahre lang sicher verwahrt worden, da der Schein in tadellosem
Zustand gewesen sei, berichtete die Bundesbank. Letztlich fand das
Unikat wie andere Altbestände auch den Weg in den Schredder.
Zumindest zählbar mehr übrig geblieben ist in einem anderen Fall:
Kurz nach Beginn des neuen Jahres sei Mann in eine Bundesbank-Filiale
gekommen und habe sich als Mitglied eines örtlichen Tierschutzvereins
vorgestellt. Der Verein habe eine unerwartete Weihnachtsspende
erhalten: 24 900 D-Mark in 100-Mark-Scheinen. Nachdem die Herkunft
der verschmutzten, vergilbten, teilweise von Klebeband
zusammengehalten Scheine geklärt und deren Echtheit zweifelsfrei
nachgewiesen war, überwies die Bundesbank dem Tierschutzverein den
Gegenwert von fast 13 000 Euro.
Nach wie vor sind Banknoten im Wert von rund 5,7 Milliarden Mark
sowie Münzen im Volumen von rund 6,6 Milliarden Mark nicht
zurückgegeben. Wer noch Altbestände an D-Mark besitzt oder per Zufall
findet, kann diese kostenlos bei allen 31 Filialen der Bundesbank
oder per Postweg über die Bundesbank-Filiale in Mainz zum Umtausch
einreichen. Der Wechselkurs wurde mit der Euro-Einführung fixiert:
Für 1,95583 D-Mark bekommt man einen Euro.
Deutschland ist eins von sechs Ländern des Euroraums, in denen der
Umtausch der alten nationalen Währung in Euro zeitlich unbegrenzt
möglich ist. Auch in Österreich und Irland sowie in den drei
baltischen Staaten Estland, Lettland, Litauen gilt dies unbefristet.