EU-Parlament stimmt für EU-weiten Führerscheinentzug Von Marek Majewsky, dpa

06.02.2024 17:00

Bekommt ein Deutscher in Italien ein Fahrverbot, kann er sich bislang
schon hinter dem Brenner wieder ans Steuer setzen und heimfahren. CSU
bis Grüne kritisieren das - und wollen es ändern.

Straßburg (dpa) - Eine Mehrheit des Europaparlaments möchte
Fahrverbote künftig EU-weit durchsetzen. Wie das EU-Parlament am
Dienstag in Straßburg zudem mitteilte, kann eine
Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 Kilometern pro Stunde zum
Entzug der Fahrerlaubnis führen. Die Abgeordneten wollen das den
Angaben zufolge ausweiten, sodass in Wohngebieten bereits der
Führerschein weg sein kann, wenn man 30 km/h zu schnell unterwegs
ist. Wenn ein EU-Staat ein Fahrverbot ausgesprochen hat, soll
spätestens nach 25 Tagen geklärt sein, ob das Verbot EU-weit gilt
oder nicht. 

Wenn einem Deutschen etwa in Italien verboten wird zu fahren, darf er
sich momentan in Deutschland trotzdem hinters Steuer setzen. «Bislang
gilt ein Fahrverbot derzeit nur in dem Land, in dem es auch
ausgesprochen wurde», teilte der ADAC mit. Eine einheitliche Regelung
würde zur Verkehrssicherheit beitragen. 

Bis neue Vorgaben gelten können, dauert es noch

Bevor neue Regeln in Kraft treten können, muss noch ein Kompromiss
mit den EU-Staaten ausgehandelt werden. Die Mitgliedsstaaten haben
aber noch keine Position zu dem Vorhaben gefunden. Die Verhandlungen
werden erst starten, nachdem im Sommer ein neues Parlament gewählt
wurde. Nach einer solchen Einigung auf eine Richtlinie haben die
Mitgliedsstaaten in der Regel rund zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in
nationales Recht umzusetzen. 

Die Abgeordneten wollen nun, dass Fahren ohne gültigen Führerschein
in die Liste der schwerwiegenden Verkehrsverstöße aufgenommen wird -
so wie Alkohol am Steuer oder tödliche Verkehrsunfälle. Dadurch
werden Informationen zum Entzug des Führerscheins automatisch mit dem
EU-Staat geteilt, der den Führerschein ausgestellt hat.

Uneinigkeit um EU-weites Punktesystem

Das Vorhaben wurde fraktionsübergreifend begrüßt. Der
SPD-Europaabgeordnete Thomas Rudner betonte, dass gefährliches
Parken, gefährliches Überholen, Überfahren einer durchgezogenen Linie

und Fahrerflucht ebenfalls erfasst werden und zum Fahrverbot führen
sollten. Er verweist zudem auf Zahlen der EU-Kommission, wonach rund
40 Prozent der grenzüberschreitenden Verkehrsverstöße ungeahndet
blieben. Ziel sei es, die Zahl der Verkehrstoten zu senken. 

EU-Parlamentsvizepräsident Jan-Christoph Oetjen sagte: «Wer in einem
Land einen schweren Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung begeht,
hat sein Recht auf Fahren in der EU verwirkt.» Wichtig sei, dass
Verstöße einheitlich und klar definiert seien, so der FDP-Politiker. 


Unterschiedliche Ansichten gibt es bei den Details. Zwar hält der
CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber das Vorhaben für richtig, denn es
sei nicht vermittelbar, dass der Entzug eines Führerscheins in der EU
nicht grenzüberschreitend funktioniere. Er plädiert aber auch dafür,

dass neue Regeln nur für schwere Verkehrsverstöße, die Leben
gefährdeten, gelten sollten und es kein EU-weites Punktesystem nach
dem Vorbild Deutschlands geben solle. Ein solches System wünscht sich
hingegen etwa die deutsche Grünen-Abgeordnete Anna
Deparnay-Grunenberg. Alle Mitgliedstaaten sollten sich dazu
verpflichten, teilte sie mit. Auch sie befürwortet den EU-weiten
Führerscheinentzug. 

Unterschiedliche Regeln in anderen EU-Ländern

In Deutschland muss man nach Angaben des ADAC bereits mit einem Monat
Fahrverbot rechnen, wenn man innerorts mehr als 30 km/h zu schnell
unterwegs ist. Auch wegen eines Verstoßes gegen die
0,5-Promille-Grenze oder des Konsums illegaler Drogen kann der Lappen
weg sein. 

In Italien muss man laut ADAC seinen Führerschein sofort abgeben und
darf nur noch bis zum Urlaubsziel und nach Hause fahren, wenn man
mehr als 41 km/h zu schnell fährt. Nach Angaben der österreichischen
Regierung liegt die dortige Grenze für ein Fahrverbot, wenn man mehr
als 40 km/h innerorts oder 50 km/h außerorts zu schnell gefahren ist.
Gleiches kann beim Geisterfahren auf der Autobahn, Fahrerflucht oder
zu geringem Sicherheitsabstand passieren.  Bei Alkohol ist ab 0,8
Promille am Steuer mit einem Fahrverbot zu rechnen.