Pistorius: Russische Destabilisierung auf dem Balkan verhindern

06.02.2024 15:45

Die Lage in Bosnien wird als unfertiger Friede bezeichnet. Statt
Gewalt herrscht gegenseitige Blockade. Das macht das ethnisch
gemischte Land anfällig für Destabilisierung.

Sarajevo (dpa) - Verteidigungsminister Boris Pistorius will das
Engagement Deutschlands in Bosnien-Herzegowina kontinuierlich
fortsetzen. «Wir wollen Bosnien und Herzegowina nach Kräften
unterstützen und verhindern, dass Russland einen weiteren Krisenherd,
einen weiteren möglicherweise zu destabilisierenden Raum missbraucht,
um seinen Einfluss zu erweitern in der Annahme oder in der Hoffnung,
den Westen in irgendeiner Weise destabilisieren zu können», sagte der
SPD-Politiker am Dienstag in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo bei
einem Treffen mit seinem Amtskollegen Zukan Helez. Pistorius
ermunterte Bosnien zu weiteren Reformanstrengungen auf dem Weg in die
EU und die Nato. 

Der Abspaltungsrhetorik führender Vertreter der bosnischen
Serbenrepublik («Republika Srpska») erteilte Pistorius eine deutliche
Absage, indem er sagte, man könne nicht auf zwei Hochzeiten tanzen.
Deutschland nehme die Spannungen auf dem Balkan mit gewisser Sorge
wahr. Der gesamte westliche Balkan sei für die Sicherheit und die
Stabilität in Europa von großer Bedeutung. 

Helez sagte, Bosnien-Herzegowina werde eine solche Abspaltung nie
akzeptieren, spüre aber die Destabilisierung. Er sagte: «Das sind
Träume, die niemals wahr werden.» Auf Nachfrage machte er zugleich
deutlich, dass in letzter Konsequenz die Nato die Stabilität des
Landes garantieren müsse.

Pistorius reiste aus dem Kosovo kommend an, um in Sarajevo
Regierungsvertreter und den Repräsentanten der internationalen
Gemeinschaft, den Deutschen Christian Schmidt, zu sprechen. Er
besuchte eine von Deutschlands mitfinanzierte Sprachenschule der
bosnischen Streitkräfte. Am Mittwoch wollte er deutsche Soldaten der
EU-Mission Eufor Althea in dem Land treffen.

Die Bundeswehr hat etwa 30 Männer und Frauen in Bosnien stationiert
mit dem Ziel, einen Beitrag zur Stabilisierung zu leisten. Die
Soldaten der Mission Eufor Althea tragen mit Patrouillen, dem Kontakt
zur Bevölkerung und Institutionen sowie eigenen Lageberichten zu
einem Informationsbild bei. 

Erklärte Aufgabe von Eufor Althea ist die Unterstützung des
Dayton-Friedensabkommens, das den Bosnien-Krieg 1995 beendete. Das
Land bleibt aber ein möglicher Konfliktherd. Sorgen lösten zuletzt
Äußerungen Russlands und Versuche der Einflussnahme aus.

Aus Sicht des Europarats ist aber auch die fehlende
Vergangenheitsbewältigung auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens
gefährlich für die Zukunft der Region. Der «bemerkenswerte
Rückschritt» bei der Aufarbeitung gehe einher mit negativen Trends
bei den Menschenrechten und bedrohe letztlich den hart erkämpften
Frieden, sagte die Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Dunja
Mijatovic, schon im November in Straßburg.

«Spaltende und hasserfüllte Narrative und Aktionen sind zu einer
allgemeinen politischen Strategie geworden, auch im Zusammenhang mit
Wahlen, und untergraben auf gefährliche Weise die Bemühungen, das
Wiederauftreten von Gewalt zu verhindern», hieß es seitens des
Europarats. Die Bemühungen zur Versöhnung würden ernsthaft behindert,

indem Kriegsverbrechen zunehmend geleugnet und Täter verherrlicht
würden.