EU-Einigung: Neue Schuldenregeln sind beschlussreif

10.02.2024 02:55

Die geplante Reform der EU-Schuldenregeln steht nach langem Streit
kurz vor dem Abschluss. Die Bundesregierung konnte Änderungen
durchsetzen, aber auch andere sind zufrieden.

Brüssel (dpa) - In der EU gibt es eine Einigung auf neue gemeinsame
Regeln für Haushaltsdefizite und Staatsschulden. Vertreter des
Europaparlaments und der Regierungen der Mitgliedstaaten schlossen in
der Nacht zum Samstag lange Verhandlungen erfolgreich ab, wie die
derzeitige belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte.

Die Pläne sehen insbesondere vor, dass bei EU-Zielvorgaben für den
Abbau von zu hohen Defiziten und Schuldenständen die individuelle
Situation von Ländern stärker als bislang berücksichtigt wird.
Zugleich soll es für hoch verschuldete Länder klare
Mindestanforderungen für die Rückführung von Schuldenstandsquoten
geben. Die Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten hatten sich darauf
bereits Ende des vergangenen Jahres geeinigt - danach waren jetzt
allerdings noch Verhandlungen mit dem Europaparlament notwendig.

Kriterien für Schuldenstand und Defizit bleiben

Grundsätzlich gibt es in der EU die Regel, dass der Schuldenstand
eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht
überschreiten darf. Zudem gilt es, das gesamtstaatliche
Finanzierungsdefizit - also die vor allem durch Kredite zu deckende
Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben des öffentlichen
Haushalts - unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu
halten.

Das bisherige Regelwerk zur Überwachung und Durchsetzung dieser
Vorgaben sahen Kritiker allerdings seit langem als zu kompliziert und
zu streng an. Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen
Angriffs auf die Ukraine wurde es dann zuletzt sogar ganz ausgesetzt.
Vor allem 2020 lagen die Defizite fast in allen EU-Ländern deutlich
über der 3-Prozent-Marke.

Bundesregierung pochte auf Nachbesserungen

Grundlage der nun getroffenen Einigung waren Reformvorschläge der
EU-Kommission, die allerdings vor allem von der Bundesregierung als
zu weitreichende Aufweichung des sogenannten Stabilitätspakts
kritisiert worden waren. Die Regierungen der EU-Staaten verständigten
sich deswegen nach monatelangen Verhandlungen auf etliche
Veränderungen, die unter anderem die Mindestanforderungen für die
Rückführung von Schuldenstandsquoten umfassen.

Vorgesehen bleibt weiterhin, dass Staaten bei einem Verstoß gegen die
3-Prozent-Defizitgrenze eine jährliche strukturelle Verbesserung von
mindestens 0,5 Prozent des BIP erreichen sollen. Gegner von sehr
strengen Regeln setzten allerdings durch, dass die für die Aufsicht
zuständige EU-Kommission in einem Übergangszeitraum bei der
Berechnung der Anpassungsanstrengungen den Anstieg der Zinszahlungen
berücksichtigen kann.

Damit die Reform des sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakts in
Kraft treten kann, muss die Einigung jetzt noch vom EU-Ministerrat
und vom Plenum des Europaparlaments bestätigt werden. In der Regel
ist dies nur eine Formsache.

«Die neuen Regeln werden dazu beitragen, ausgewogene und auf Dauer
tragfähige öffentliche Finanzen zu erreichen, Strukturreformen
durchzuführen und Investitionen, Wachstum und die Schaffung von
Arbeitsplätzen in der EU zu fördern», teilte die belgische
EU-Ratspräsidentschaft zu der Einigung mit.