EU-Staaten fordern sofortige Feuerpause im Gaza-Krieg

21.03.2024 21:35

Fünfeinhalb Monate nach dem brutalen Terrorangriff auf Israel
schwindet das Verständnis für die Gegenreaktion im Gazastreifen. Die
Staats- und Regierungschefs der EU finden deutliche Worte.

Brüssel (dpa) - Die EU-Staaten verschärfen ihren Ton gegenüber Israel

und fordern angesichts der dramatischen Notlage der Zivilbevölkerung
im Gazastreifen eine sofortige Feuerpause. Das teilte
EU-Ratspräsident Charles Michel am Donnerstagabend nach Gesprächen
der Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel mit. Diese
solle zu einem nachhaltigen Waffenstillstand, zur bedingungslosen
Freilassung aller im Gazastreifen festgehaltener Geiseln und zur
Bereitstellung humanitärer Hilfe führen, heißt es in einer von den
Staats- und Regierungschefs verabschiedeten Erklärung.

Israel wird zudem aufgefordert, in Rafah im äußersten Süden des
Gazastreifens keine Bodenoffensive zu beginnen, die die bereits
katastrophale humanitäre Lage verschlimmern und die dringend
benötigte Grundversorgung mit humanitärer Hilfe verhindern würde. In

der Stadt leben derzeit rund 1,5 Millionen Zivilisten - die meisten
von ihnen sind Flüchtlinge aus anderen Teilen des Gazastreifens.

Als Hintergrund der Forderung wird auch die Entscheidung des
Internationalen Gerichtshofes vom 26. Januar genannt. Durch sie wurde
Israel völkerrechtlich verbindlich aufgetragen, alles zu tun, um
einen Völkermord im Gazastreifen zu verhindern. Alle Konfliktparteien
müssten sich an internationales Recht inklusive des humanitären
Völkerrechts halten.

Der Einigung auf die Erklärung waren wochenlange Diskussionen
zwischen den Mitgliedstaaten vorausgegangen. Ursprünglich sollten
bereits bei Gipfeltreffen im Dezember und Anfang Februar Erklärungen
zum Nahost-Konflikt veröffentlicht werden. Doch hatten sich die
Staaten nicht auf eine Linie einigen können. Vor allem Länder wie
Österreich, Tschechien und Ungarn halten es eigentlich für
unangebracht, Israel nach dem Massaker der islamistischen Hamas in
Israel vom 7. Oktober zu großer Zurückhaltung aufzufordern. Auf der
anderen Seite stehen Länder wie Spanien, die das Vorgehen Israels im
Gazastreifen für völkerrechtswidrig halten und sich eine stärkere
Reaktion der EU wünschen. Deutschland, das anfangs noch im Lager der
größten Israel-Unterstützer war, nimmt mittlerweile eine
Mittelposition ein.

Auslöser des israelischen Einsatzes im Gazastreifen ist ein Massaker,
das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7.
Oktober in Israel verübt hatten. Auf israelischer Seite wurden dabei
mehr als 1200 Menschen getötet. Israel reagierte mit massiven
Luftangriffen und ab Ende Oktober auch mit einer Bodenoffensive. Als
Folge des Militäreinsatzes starben im Gazastreifen nach Angaben der
zur Hamas gehörenden Gesundheitsbehörde deutlich mehr als 30 000
Menschen. Mehr als 74 000 weitere wurden demnach verletzt.