Bahn: Finanzierung der Digitalen Kupplung weiter ungeklärt

01.04.2024 04:00

Die Digitale Automatische Kupplung soll den europäischen Güterverkehr
auf der Schiene billiger und effizienter machen. Eine Testphase ist
kürzlich zu Ende gegangen. Bund und Bahn fordern nun von Brüssel
Tempo bei Finanzierung und Zulassung.

Berlin (dpa) - Die Digitale Automatische Kupplung (DAK) soll den
europäischen Schienengüterverkehr revolutionieren. Weil sie das
aufwendige und mitunter gefährliche Kuppeln von Güterwaggons per Hand
überflüssig macht, können Züge schneller zusammengestellt werden. D
er
Transport soll dadurch effizienter und günstiger werden. Eine
zweijährige Testphase von mehreren europäischen Bahnunternehmen ist
inzwischen vorbei. «Nun sollen erste Kunden im Schienengüterverkehr
von der neuen Technik profitieren», teilte Sigrid Nikutta, Chefin der
Bahn-Güterverkehrstochter DB Cargo, der Deutschen Presse-Agentur mit.
Doch aus Sicht des Konzerns und der Bundesregierung sind wichtige
Fragen ungeklärt, vor allem was die Finanzierung angeht. 

«Derzeit werden in ganz Europa Waggons noch tausendfach per Hand
gekuppelt», teilte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) der
Deutschen Presse-Agentur mit. «Das muss sich endlich ändern.» Die DAK

sei dafür die richtige Technik. Es brauche aber ein Signal aus
Brüssel. «Denn die Umrüstung von Hunderttausenden Güterwagen und Lo
ks
können die Branche und die Mitgliedstaaten nicht allein stemmen.»

Vor rund zwei Jahren wurde ein erster Testzug mit der neuen Kupplung
ausgestattet und mit einer Sonderzulassung quer durch Europa
geschickt. Der Zug habe die Tests erfolgreich absolviert, betonte
Nikutta. Nun sollen weitere Testphasen folgen, auch im Realbetrieb.
Unter anderem die Stahlindustrie melde bereits großes Interesse an.  

Wenn die DAK als neuer Systemstandard kommt, müssen rund eine halbe
Million Güterwaggons in Europa entsprechend umgerüstet werden. Allein
dafür schätzt die EU-Kommission die Kosten auf rund 13 Milliarden
Euro, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Hinzu kommen demnach
rund 230 Millionen Euro für den Betrieb von Testfahrzeugen im
Kundeneinsatz sowie für den Aufbau einer Managementeinheit, die den
Betrieb überwacht. 

Laut Kommission kommt die DAK auch der Gesellschaft zugute, etwa
aufgrund geringerer Umwelt-Folgekosten, weil mit der Kupplung die
Verlagerung des Güterverkehrs auf der Schiene gefördert werde. «Es
ist jedoch sehr schwierig, im Rahmen des derzeitigen mehrjährigen
Finanzrahmens neue EU-Mittel für die DAK bereitzustellen», teilte die
Kommission mit und verweist auf die Branche und die Länder. «In
Anbetracht des Umfangs der erforderlichen Unterstützung wird
sicherlich ein erheblicher Beitrag der einzelnen Mitgliedstaaten und
des Sektors, soweit möglich, erforderlich sein.» 

Bahn und Bund sehen hingegen Brüssel in der Pflicht. Cargo-Chefin
Nikutta wird an diesem Dienstag gemeinsam mit Bundesverkehrsminister
Wissing bei einer Veranstaltung der Kommission in der belgischen
Hauptstadt erwartet, um für eine EU-Beteiligung zu werben. Für die
Weiterentwicklung des Projekts würde der Konzern Bahnkreisen zufolge
aber auch in Vorleistung gehen, um den Vertrieb anzuschieben. Ein
einstelliger Millionenbetrag sei dafür bislang eingeplant, hieß es. 


Neben der Finanzierung ist auch die Frage einer EU-weiten Zulassung
für die Technik ungeklärt. Laut EU-Kommission sind die technischen
Voraussetzungen für eine standardisierte DAK zwar weitgehend
definiert. «Es muss jedoch noch an der Fertigstellung der
elektrischen und kommunikationstechnischen Schnittstellen und an der
Entwicklung harmonisierter Betriebsverfahren für den Einsatz von DAK
gearbeitet werden», hieß es. Offen ist demnach etwa die Zulassung von
rund 100 geplanten Testzügen im Realeinsatz sowie die technische
Umrüstung der bestehenden Güterwagenflotte. Die Kommission schätzt,
dass der Zulassungsprozess insgesamt noch bis Ende 2025 dauert.