EU-Gericht kippt Sanktionsbeschlüsse gegen russische Oligarchen

10.04.2024 10:28

Das EU-Gericht kippt erneut Sanktionsentscheidungen, die wegen des
russischen Angriffs auf die Ukraine getroffen wurden. Diesmal geht es
um zwei besonders schillernde Figuren.

Luxemburg (dpa) - Das Gericht der EU hat Sanktionsbeschlüsse der
Europäischen Union gegen die russischen Oligarchen Michail Fridman
und Pjotr Awen gekippt. Der Rat der EU habe bei den Entscheidungen
zwischen Februar 2022 und März 2023 keine hinreichenden Belege für
die Aufnahme in die Sanktionsliste geliefert, entschieden die Richter
am Mittwoch in Luxemburg. Die Sanktionsbeschlüsse waren als Reaktion
auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gefasst worden.

Die Entscheidung bedeutet allerdings nicht, dass Fridman und Awen
sofort von der EU-Sanktionsliste gestrichen werden müssen. Zum einen
kann gegen das Urteil noch vor dem höchsten europäischen Gericht, dem
Europäischen Gerichtshof (EuGH), vorgegangen werden. Zum anderen hat
der Rat der EU bereits neue Sanktionsbeschlüsse gegen die beiden
Männer erlassen, die zunächst nicht von dem Urteil betroffen sind.

Fridman und Awen sind Gründer und wichtige Anteilseigner des großen
Finanzkonzerns Alfa-Group. Die EU hatte gegen die Milliardäre kurz
nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022
Strafmaßnahmen verhängt. Sie fror Gelder ein und erließ ein
Einreiseverbot. Auch die US-Regierung sanktionierte sie. Im
vergangenen Jahr hatten sich mehrere russische Oppositionelle
allerdings dafür ausgesprochen, Fridman und andere von der
Sanktionsliste zu streichen. 

Die EU hatte die Sanktionen damit begründet, dass Fridman und Awen
russische Entscheidungsträger finanziell unterstützt und damit die
territoriale Unversehrtheit der Ukraine untergraben hätten. Die
Richter entschieden nun aber, dass diese Vorwürfe nicht hinreichend
belegt seien und die Aufnahme in die Liste daher ungerechtfertigt
sei. Auch wenn sich möglicherweise eine gewisse Nähe der beiden
Personen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin bejahen lasse,
beweise dies nicht, dass damit Maßnahmen unterstützt würden, die die

Ukraine bedrohten. 

Vor knapp drei Wochen hatte das EU-Gericht bereits die Sanktionen
gegen den Ex-Formel-1-Rennfahrer Nikita Masepin gekippt. Begründet
wurde dies damit, dass die familiäre Beziehung zu seinem Vater -
einem Geschäftsmann mit angeblich enger Freundschaft zum russischen
Präsidenten Wladimir Putin - nicht genüge, um anzunehmen, dass er
durch gemeinsame Interessen mit ihm verbunden sei.

Ein prominentes Urteil war bereits im vergangenen Jahr gefallen - und
stellte eine deutliche Niederlage für die EU dar. Die Mutter des
inzwischen verstorbenen Chefs der russischen Privatarmee Wagner,
Violetta Prigoschina, hätte nicht sanktioniert werden dürfen,
entschieden die Richter damals und argumentierten ähnlich wie bei
Masepin: Ein Verwandtschaftsverhältnis reiche nicht aus, um
Strafmaßnahmen gegen sie zu verhängen. Viele andere Sanktionierte
sind unterdessen mit ihren Klagen vorläufig gescheitert, darunter der
ehemalige Besitzer des FC Chelsea, Roman Abramowitsch.

Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erließ die
EU bislang gegen fast 2000 Personen und Organisationen Sanktionen.
Derzeit sind mehrere Dutzend Klagen gegen die Strafmaßnahmen vor
Gerichten anhängig.