Von der Leyen will bessere Bedingungen für Kernfusionsforschung

11.04.2024 13:04

Stimmt der Rahmen? Laut Forschern macht die Fusionsforschung große
Fortschritte. Die EU-Kommissionspräsidentin fordert deshalb günstige
rechtliche Voraussetzungen für den erhofften Durchbruch.

Garching (dpa) -  EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
fordert mehr Investitionen und einen besseren rechtlichen Rahmen für
die Kernfusionsforschung in Europa. «So schwierig diese Technologie
ist, so groß ist ihr Potenzial», sagte die Christdemokratin am
Donnerstag bei dem Besuch eines Forschungszentrums für Kernfusion in
Garching bei München. 

Es sei wichtig, die regulatorischen Rahmenbedingungen zu
hinterfragen. Die Fusionsforschung sei in einer Phase, in dem ein
günstiger, gesetzlicher Rahmen die Kernfusion nach vorn bringen
könne. Von der Leyen verwies auf das europäische Halbleitergesetz.
«Auch das war ein regulatorischer Rahmen, der der Produktion für
Halbleiter in Europa einen gewaltigen Schub nach vorne gebracht hat»,
sagte von der Leyen. «Kernfusion ist nicht Kernenergie», ergänzte
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Manche Vorhaben könnten

aber unter rechtliche Anforderungen der Kernenergie fallen. Der
Unterschied müsse geklärt werden, forderte Söder. 

Außerdem sprach sich die EU-Kommissionschefin für mehr Investitionen
aus - besonders auch in öffentlich-private Forschungspartnerschaften.
Von der Leyen hatte neben der Besichtigung einer Versuchsanlage am
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik auch Gespräche mit Start-ups aus
der Fusionsforschung geführt. Auch den Vorschlag einer europäischen
Investitionsallianz von Ministerpräsident Söder nehme sie gerne mit. 


An dem Standort in Garching soll innerhalb der nächsten zehn Jahre
ein Demonstrationskraftwerk gebaut werden. Der Freistaat hatte
bereits vergangenes Jahr Investitionen von 100 Millionen Euro bis
2028 für die Fusionsforschung angekündigt. Von der Leyen gehört wie
Söder inzwischen zu den Befürwortern der Kernkraft und hatte sich in
der Vergangenheit auch für die staatliche Förderung ausgesprochen.

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger nannte es am
Donnerstag erfreulich, dass die Kommissionspräsidentin das riesige
Potenzial der Zukunftsenergie Fusion sehe und verwies auf die
Forschungsförderung ihres Hauses. Auf dem Weg zu einem ersten
Fusionskraftwerk in Deutschland investiere man bis 2028 mehr als eine
Milliarde Euro. «Die Unterstützung aus Ländern wie Bayern und Hessen

ist dabei sehr willkommen. Wenn nun auch die Kommission hinzukommt,
kann das erste Fusionskraftwerk in Deutschland noch schneller
Wirklichkeit werden», sagte die FDP-Politikerin in Berlin.

Bei der Kernfusion werden kleine Atomkerne, anders als in Reaktoren
von herkömmlichen Atomkraftwerken, bei extremen Temperaturen
verschmolzen statt gespalten - sprich fusioniert. Theoretisch ließen
sich damit enorme Energiemengen erzeugen - und das praktisch
klimaneutral. Kritiker sehen in der Technologie dagegen wie bei der
konventionellen Atomkraft keine «saubere Energieerzeugung», da auch
hier radioaktiver Abfall entsteht. Zudem monieren sie die hohen
Forschungskosten.

Forschungen laufen weltweit. Unter anderem baut seit 2007 ein Verbund
von internationalen Wissenschaftlern - darunter auch aus Russland und
China - in Frankreich an dem gemeinsamen Fusions-Forschungsreaktor
Iter. Er soll mehr Fusionsenergie freisetzen, als zur Zündung der
Reaktion erforderlich ist, aber noch keinen Strom liefern.