EZB-Zinssenkung lässt noch auf sich warten

11.04.2024 14:23

Die Inflation sinkt, und die Konjunkturaussichten verschlechtern
sich. Die Europäische Zentralbank wartet mit der ersten Zinssenkung
seit Sommer 2022 dennoch ab.

Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank lässt die
Leitzinsen im Euroraum trotz der rückläufigen Inflation zum fünften
Mal in Folge unverändert. Der Zins, zu dem sich Banken frisches Geld
bei der Notenbank besorgen können, liegt weiter bei 4,5 Prozent. Das
entschied der EZB-Rat am Donnerstag. Der Einlagenzins, den Banken für
geparkte Gelder erhalten, beträgt unverändert 4,0 Prozent. Volkswirte
rechnen allgemein im Juni mit einer von Wirtschaft und privaten
Kreditnehmern ersehnten Zinssenkung.

Die jüngste Entwicklung der Teuerungsrate mache die Währungshüter
zuversichtlicher, aber «nicht hinreichend zuversichtlich», hatte
EZB-Präsidentin Christine Lagarde Anfang März gesagt. «Wir brauchen
eindeutig mehr Beweise und mehr Daten. Wir werden im April ein wenig
mehr wissen. Wir werden im Juni viel mehr wissen.» Im Juni legen die
EZB-Experten neue Konjunktur- und Inflationsprognosen vor.

Um die nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auf
Rekordhöhe gestiegene Inflation in den Griff zu bekommen, hatte die
EZB seit Juli 2022 zehnmal in Folge die Zinsen nach oben geschraubt.
Kredite werden damit teurer. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen
Teuerungsraten entgegenwirken. Teurere Finanzierungen sind zugleich
eine Last für die Wirtschaft und Privatleute, die sich Geld leihen
wollen.

Wirtschaft schwächelt

Zuletzt hatte sich die Inflation im Euroraum stärker als erwartet
abgeschwächt. Im März stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem
Vorjahresmonat nach einer ersten Schätzung um 2,4 Prozent. Volkswirte
hatten mit 2,5 Prozent gerechnet. Im Februar hatte die Teuerung 2,6
Prozent betragen und im Januar 2,8 Prozent. Im März 2023 lag die
Inflation noch bei 6,9 Prozent.

Die Preisentwicklung nähert sich damit dem Ziel der EZB an, die
mittelfristig eine jährliche Inflationsrate von zwei Prozent
anstrebt. Bei diesem Wert sehen die Währungshüter Preisstabilität
gewährleistet. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von
Verbraucherinnen und Verbrauchern. Sie können sich dann für einen
Euro weniger leisten.

Ein schneller Rückgang der Inflation könnte Spielräume für
Zinssenkungen eröffnen. Dafür spricht auch, dass sich die Aussichten
für die Wirtschaft im Euroraum verschlechtert haben. Die EZB
erwartete zuletzt nur noch 0,6 Prozent Wachstum in diesem Jahr. Im
Dezember waren noch 0,8 Prozent vorhergesagt worden.