Fast fünf Millionen Wahlberechtigte: Hessen einen Monat vor Europawahl Von Jens Albes, dpa
09.05.2024 04:30
Europa wählt - und damit auch Hessen. Die Stimmverteilung kann die
EU-Politik fünf Jahre lang entscheidend prägen. Eine Altersgruppe
darf in Hessen erstmals landesweit ihr Kreuzchen machen.
Brüssel/Wiesbaden (dpa/lhe) - Nur noch einen Monat bis zur
Europawahl. Wer kann in Hessen wie und worüber abstimmen? Welchen
Einfluss hat das ferne Europaparlament hier? Ein Überblick:
Wann ist die Europawahl?
In Hessen und bundesweit haben die Wahllokale am Sonntag, 9. Juni,
von 8.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. In einigen anderen EU-Staaten wird
schon vorher, am 6., 7. oder 8. Juni, gewählt.
Wie viele Bürger in Hessen können wählen?
Bei der Europawahl gibt es in Hessen laut Statistischem Landesamt
etwa 4,85 Millionen Wahlberechtigte, darunter rund 100 000 im Alter
von 16 oder 17 Jahren. Damit kann diese Altersgruppe in Hessen
erstmals landesweit an einer Wahl teilnehmen. Nur in wenigen anderen
EU-Staaten können sich ebenfalls Minderjährige an der Europawahl
beteiligen.
Wie viele EU-Ausländer dürfen hier abstimmen?
Zu den Wahlberechtigten in Hessen zählen circa 440 000 EU-Ausländer,
die hier wohnen. Sie haben die Wahl, sich in Hessen oder in ihrem
Heimatland an der Europawahl zu beteiligen. Wollen sie hier ihr
Kreuzchen machen, müssen sie bis zum 19. Mai ihre Aufnahme ins
Wählerverzeichnis beantragen. Um eine doppelte Stimmabgabe zu
vermeiden, gibt es laut Statistischem Landesamt einen Abgleich
zwischen den EU-Ländern. Umgekehrt können sich auch im Ausland
gemeldete Hessen in das hiesige Wählerverzeichnis eintragen lassen
und per Briefwahl an der Europawahl teilnehmen.
Wer wird gewählt?
Gewählt werden 720 Abgeordnete. Von der reinen Anzahl her sind das
zwar weniger Politikerinnen und Politiker als bei der vergangenen
Wahl; damals zogen 751 Volksvertreter ins Parlament ein. Mit dem
Austritt Großbritanniens aus der EU verloren aber auch zahlreiche
Abgeordnete ihr Mandat. Im Vergleich zur derzeitigen Zahl der
Abgeordneten werden 15 Plätze mehr vergeben in dem Parlament, das
sowohl in Brüssel als auch in Straßburg tagt.
Welches Land hat am meisten Abgeordnete?
Deutschland mit 96 Frauen und Männern. Bei der Abstimmung 2019 sind
laut Landeswahlleitung sieben Politiker aus Hessen gewählt worden:
zwei Bewerber der CDU sowie ein Grüner, ein Sozialdemokrat, eine
AfD-Politikerin, eine Freidemokratin und ein Politiker der Freien
Wähler ihrer Parteien.
Wie viele Stimmen haben Wahlberechtigte?
Nur eine. Damit können sie die Liste einer Partei oder
Wählervereinigung ankreuzen.
Wie viele politische Organisationen stehen in Hessen zur Wahl?
Die Stimmzettel listen 34 Parteien und sonstige politische
Vereinigungen auf. Während CDU, Grüne und SPD an erster, zweiter und
dritter Stelle stehen, finden sich weiter unten auch etwa die Partei
für schulmedizinische Verjüngungsforschung (Platz 20), das Bündnis
Sahra Wagenknecht (28) und die Letzte Generation (31).
Wie funktioniert die Briefwahl?
Dafür ist keine besondere Begründung mehr nötig. Auf der Rückseite
der Wahlbenachrichtigung, die die Kommunen ihren Wahlberechtigten
schicken, findet sich der Antrag auf Briefwahl. Möglich ist er online
oder im örtlichen Briefwahlbüro.
Welche Auswirkungen hat die Wahl?
Welche Mehrheiten im Parlament organisiert werden können, hat
entscheidenden Einfluss auf neue EU-Gesetze, die sich auch auf das
Leben in Hessen auswirken. So musste bei vielen aktuellen Vorhaben
wie dem Verbrenner-Aus oder umstrittenen Naturschutz- und
Klimagesetzen eine Mehrheit im Europäischen Parlament zustimmen. Auch
bei der Verteilung von Geld hat dieses einen großen Einfluss. Die
meisten Gesetze werden zusammen mit den EU-Staaten verhandelt und
müssen auch im sogenannten Rat eine Mehrheit finden. Dort entscheiden
Vertreter der jeweiligen nationalen Regierungen. Auf die
Mehrheitsverhältnisse in dieser Institution hat die Europawahl keinen
direkten Einfluss.
Welche nationalen Besonderheiten gibt es?
Deutschland kennt bei der Europawahl keine Sperrklausel. Sobald eine
Partei rund einen Prozentpunkt bekommt, kann sie mit einem Sitz im
Parlament rechnen. Bestimmte andere Staaten haben hingegen eine
Sperrklausel. In Frankreich muss eine Partei mindestens fünf Prozent
der Stimmen auf sich vereinen, in Österreich vier Prozent. Zudem
besteht in einigen EU-Ländern formell eine Wahlpflicht, etwa in
Belgien, Luxemburg und Griechenland.