Scholz warnt nach Anhebung der US-Zölle gegen China vor Abschottung

15.05.2024 17:43

Ein Handelskrieg mit China würde der europäischen Wirtschaft schaden,
warnen Verbände und Politik. Allerdings wird auch ein internationaler
Handel mit fairen Wettbewerbsregeln angemahnt.

Berlin (dpa) - Vor dem Hintergrund der Debatte über Strafzölle für
chinesische Produkte hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor einer
Abschottung der Märkte gewarnt. «Protektionismus macht am Ende alles
nur teurer», sagte er am Mittwoch beim IHK-Tag in Berlin. «Was wir
brauchen, ist ein fairer und ein freier Welthandel.» 

Die US-Regierung hatte am Dienstag angekündigt, die bestehenden
Sonderzölle auf Elektroautos und andere Produkte aus China von 25 auf
100 Prozent anzuheben. Die Vereinigten Staaten werfen Peking vor, den
Wettbewerb durch erhebliche staatliche Subventionen zu verzerren.

Offene Märkte dürfen laut Scholz nicht «unter die Räder geraten»


Der Kanzler betonte, dass ein freier Welthandel gerade für die
deutsche Wirtschaft wichtig sei, die seit dem russischen Angriff auf
die Ukraine ungekannte Herausforderungen erlebt habe. «Und in dieser
Lage müssen wir schauen, dass die offenen Märkte nicht unter die
Räder geraten.»

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verwies auf mögliche
Auswirkungen der US-Zollerhöhung für die hiesigen Märkte.
«Deutschland und die EU sollten jetzt sorgfältig darauf achten, dass
der EU-Binnenmarkt nicht zum Puffer für chinesische Überkapazitäten
wird, die auf dem US-Markt ausgebremst werden. Diese Erfahrungen
wurden in den vergangenen Jahren auf dem internationalen Stahlmarkt
leider gemacht», bemerkte Wolfgang Niedermark von der
BDI-Hauptgeschäftsführung. Die EU müsse Schutzinstrumente gegen Waren

aus Drittländern, die wegen Dumping und Subventionen zu verzerrten
Preisen angeboten werden, konsequent anwenden.

IfW-Berechnung: US-Zölle haben kaum Folgen für EU 

Nach einer Simulationsrechnung des Kiel Instituts für Weltwirtschaft
(IfW) haben die verhängten US-Zölle für sich genommen jedoch kaum
Auswirkungen auf den Handel zwischen der EU und China. «Insbesondere
die von den USA aus China importierten Elektroautos sind zahlenmäßig
so gering, nur 12 000 Stück pro Jahr, dass eine Umleitung in andere
Zielmärkte praktisch nicht zu spüren ist», berichtete das IfW am
Mittwoch. Ausweichmärkte dürften demnach vor allem Kanada und Mexiko
sein. Bedenklich sei aber, dass die Zölle eine für Deutschland und
die EU sehr unvorteilhafte Spirale an Reaktionen und Gegenreaktionen
hervorrufen könnten, sagte IfW-Handelsforscher Julian Hinz.

Entsprechend warnte der Außenhandelsverband BGA vor einer Nachahmung
des US-Vorgehens durch Europa. «Die Ankündigung, die Einfuhrzölle f
ür
Elektroautos in den USA zu vervierfachen, ist vor dem Hintergrund des
sich immer weiter zuspitzenden US-Wahlkampfes zu sehen», sagte der
Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel,
Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura, dem Redaktionsnetzwerk
Deutschland (RND). «Wir lehnen solche Maßnahmen ab», betonte Jandura.

Am Ende würde alles teurer und Verlierer seien die Verbraucher sowie
Unternehmen.

Leiden würde vor allem die deutsche Automobilindustrie, sagte
Jandura. «Es gibt kein einziges Auto in der EU ohne Teile aus China.
Zudem importieren unsere Hersteller ihre Elektromodelle aus China.
Wir würden uns also ins eigene Fleisch schneiden», betonte der
Verbandspräsident. «Wir müssen den Wettbewerb annehmen. Und wir
müssen für gleiche Wettbewerbsbedingungen kämpfen.»