Brüssel genehmigt deutsche Milliardenhilfe für Schienen-Güterverkehr

21.05.2024 15:30

Bis 2030 soll rund ein Viertel aller Güter in Deutschland auf der
Schiene transportiert werden. Weil sich das für die Bahnunternehmen
nicht immer rechnet, will der Bund sie unterstützen - und hat dafür
nun Zustimmung aus Brüssel erhalten.

Brüssel (dpa)  - Deutschland darf den Güterverkehr auf der Schiene
mit rund 1,7 Milliarden Euro unterstützen. Die EU-Kommission
genehmigte am Dienstag in Brüssel die Fördermaßnahme. Sie werde dazu

beitragen, dass der Schienengüterverkehr wettbewerbsfähig bleibe,
teilte die EU-Kommission am Dienstag mit. Konkret geht es bei der
Förderung um den sogenannten Einzelwagenverkehr, der in Deutschland
vor allem von der Deutschen Bahn betrieben wird. Dabei holt der
Konzern einzelne Waggons oder Waggon-Gruppen direkt auf den
Werkshöfen der Kunden ab. Auf Rangierbahnhöfen werden sie dann zu
langen Zügen zusammengesetzt und am Zielort wieder auseinander gebaut
und die Container einzeln weiter transportiert. 

Das ist aufwendig und wirtschaftlich derzeit nicht zu betreiben. Doch
aus Sicht der Bundesregierung ist der Einzelwagenverkehr das
«Rückgrat des Schienengüterverkehrs», wie Bundesverkehrsminister
Volker Wissing (FDP) am Dienstag mitteilte. «Er ermöglicht den Zugang
zum europäischen Schienennetz in der Fläche und hat zentrale Grund-
und Netzwerkfunktionen.» Der Bund will diese Verkehrsart deshalb
allein in diesem Jahr mit rund 290 Millionen Euro unterstützen. 

Ziel der Regierung ist es, bis 2030 rund ein Viertel des gesamten
Güterverkehrs in Deutschland über die Schiene abzuwickeln. Mit der
bis 2029 angesetzten Förderung für den Einzelwagenverkehr soll die
Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene weiter
vorangetrieben werden. Über fünf Jahre will die Regierung den Angaben
zufolge ein Budget von 1,7 Milliarden als direkte Zuschüsse
bereitstellen, wobei das maximale Jahresbudget bei 320 Millionen Euro
liegt. 

Mit der Maßnahme könne Deutschland wichtige Segmente des
Schienengüterverkehrs unterstützen, sagte EU-Wettbewerbskommissarin
Margrethe Vestager. «Sie wird Deutschland helfen, seine Ziele des
Green Deal zu erreichen und gleichzeitig
die Belastung durch steigende Kosten für die Verkehrsunternehmen zu
verringern, was dem industriellen Güterverkehr zugutekommt.»

Mit dem «Green Deal» will die EU bis 2050 klimaneutral werden. Die
Strategie umfasst Maßnahmen in Bereichen wie Energie, Verkehr,
Industrie oder Landwirtschaft. Wenn der Staat etwa Unternehmen mit
Geld oder Steuervorteilen unterstützen will, gelten in der EU strenge
Regeln. Das soll verhindern, dass der Wettbewerb verzerrt wird. Die
EU-Kommission wacht unter anderem darüber, dass die Mitgliedsstaaten
ihren Unternehmen durch staatliche Unterstützung keine unangemessenen
Vorteile verschaffen.

Doch die Förderung des Einzelwagenverkehrs ist in der deutschen
Bahnbranche umstritten. Dem Verband «Die Güterbahnen» zufolge, in dem

die Konkurrenten der Deutschen Bahn organisiert sind, macht diese
Verkehrsart knapp 15 Prozent des Marktes aus. 85 bis 90 Prozent des
Einzelwagenverkehrs wird demnach von der wirtschaftlich
angeschlagenen Bahn-Güterverkehrstochter DB Cargo durchgeführt. Sie
ist damit der Hauptempfänger des Staatsgeldes. Die Wettbewerber
sprechen sich deshalb auch für Förderungen aus, die der gesamten
Branche zugutekommen, wie etwa ein staatlicher Zuschuss zu den
zuletzt stark gestiegenen Nutzungsgebühren für die Schiene, den
sogenannten Trassenpreisen.

Die Bundesregierung sieht indes die Förderung eigenen Angaben zufolge
auch als Schlüssel, um den Wettbewerb im Einzelwagenverkehr zu öffnen
und als einen Anreiz für andere Unternehmen, in das Geschäft
einzusteigen. 

«Das grüne Licht aus Brüssel, Wettbewerbsnachteile der Schiene
gegenüber der Straße zu mildern, ist ein gutes Signal», teilte
wiederum die Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta von den Grünen am
Dienstag mit. «Die Subventionen dürfen jedoch nicht die Bemühungen
erlahmen lassen, die DB-Cargo neu aufzustellen und sie zu einem
agilen Güterverkehrsunternehmen zu machen.»