Weniger Schutz für Bürgerkriegsflüchtlinge? Dürr macht Vorschlag
12.06.2024 16:53
Wer vor einem Bürgerkrieg nach Deutschland flieht, erhält hier in
vielen Fällen sogenannten subsidiären Schutz. Der FDP-Fraktionschef
macht nun einen Vorstoß.
Berlin (dpa) - FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr stellt den
Schutz von Geflüchteten infrage, die als bedroht im Herkunftsland
gelten, aber kein Anrecht etwa auf Asyl haben. «Nach der Europawahl
brauchen wir auch eine offene Debatte darüber, ob der subsidiäre
Schutz, über den sehr viele Geflüchtete zu uns kommen, in dieser Form
noch zeitgemäß ist», sagte Dürr den Zeitungen der Funke Mediengrupp
e
(Mittwoch). «Das kann Brüssel konkret ändern. Die Menschen erwarten
zu Recht, dass wir uns mit diesen Fragen beschäftigen.»
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) reagierte zurückhaltend auf den
Vorstoß.
Subsidiär schutzberechtigt sind diejenigen, denen weder Asyl noch
Flüchtlingsschutz gewährt wird, denen in ihrem Heimatland aber
Schaden drohen könnte. Oft fliehen die Menschen vor Bürgerkriegen;
andere Gründe sind die Verhängung der Todesstrafe in ihrem Heimatland
oder Folter. In Deutschland haben viele Syrer diesen Schutzstatus.
CSU-Chef Markus Söder forderte kürzlich, den subsidiären Schutz für
Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien abzuschaffen.
Auch der Landkreistag spricht sich für eine Reform des subsidiären
Schutzes aus. «Bürgerkriege im Herkunftsland sollten als Grund für
die Gewährung des europäischen subsidiären Schutzstatus gestrichen
werden», sagte Präsident Reinhard Sager den Zeitungen der Funke
Mediengruppe (Mittwoch). Soweit den Betroffenen nicht in
Nachbarstaaten geholfen werden könne, seien Schutzinstrumente wie das
Abschiebungsverbot oder die Aufnahme von Kontingenten der bessere
Weg. Der CDU-Politiker begründete dies mit einer «größeren
Ausgestaltungs- und Reaktionsmöglichkeit des nationalen
Gesetzgebers».
Bundesinnenministerin Faeser betonte am Mittwoch in Berlin, die
Bundesregierung habe schon viel gegen irreguläre Migration getan. Sie
verwies auch auf die jüngst beschlossene Reform des europäischen
Asylrechts, die Verschärfungen vorsieht. «Bislang ist der subsidiäre
Schutzstatus geltendes EU-Recht und wird es auch weiterhin sein.»
Über Dürrs Vorschläge müsse man nun diskutieren.
Grundlage der deutschen Regeln ist das EU-Recht. Die EU-Kommission
könnte theoretisch vorschlagen, die entsprechenden EU-Gesetze zu
ändern, selbst entscheiden kann sie das nicht. Über einen Vorschlag
der Behörde müssten die Regierungen der EU-Staaten und das
Europaparlament verhandeln.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte ebenfalls, der
Vorstoß sei in der Koalition zu besprechen. «Ich finde, jeden
Vorschlag, wie wir dafür sorgen, dass wir einerseits die Solidarität
mit Menschen geben und gewährleisten können, aber eben unsere eigenen
Gesellschaften nicht überfordern, ist erst mal diskussionswürdig.»
Empört reagierte die fluchtpolitische Sprecherin der Linken im
Bundestag, Clara Bünger. Der FDP warf sie vor, das gesellschaftliche
Klima weiter nach rechts zu verschieben. «Inhaltlich haben wir es mit
einem weiteren schamlosen Angriff auf elementare Rechte geflüchteter
Menschen zu tun.» Mit dem subsidiären Schutz habe die EU einst Lücken
der Genfer Flüchtlingskonvention geschlossen.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm
(CDU) erklärte: «Herr Dürr und die FDP gefallen sich seit Jahren
darin, markige Forderungen in der Migrationspolitik zu stellen. Und
nichts davon umzusetzen.» Er selbst habe bereits erklärt, Deutschland
und die EU könnten sich subsidiären Schutz nicht mehr leisten.
«Deutschland kann auch ohne die EU einen ersten Schritt gehen und den
Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigte komplett einstellen,
so wie viele andere EU-Staaten auch.»