Österreichs Kanzler erklärt Klima-Ministerin als nicht bevollmächtigt
17.06.2024 10:04
Die Grünen-Ministerin will ein EU-Umweltschutzgesetz ermöglichen. Der
konservative Regierungschef möchte das verhindern. Dafür greift er zu
drastischen Mitteln.
Wien/Luxemburg (dpa) - Vor einer möglichen EU-Abstimmung zu einem
Umweltschutzgesetz hat Österreichs konservativer Kanzler Karl
Nehammer Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) in dieser
Sache für nicht bevollmächtigt erklärt. Gewessler hatte zuvor ihre
Zustimmung zu dem EU-Gesetz bei einem Treffen der EU-Umweltminister
am Montag in Luxemburg angekündigt und damit wenige Monate vor der
österreichischen Parlamentswahl eine Koalitionskrise ausgelöst.
Nehammer informierte am Sonntagabend den belgischen Ratsvorsitz, dass
Gewessler nicht zustimmen dürfe. Ein Ja der Ministerin hätte eine
Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof zur Folge, teilte
das Bundeskanzleramt mit. Nehammer argumentierte, dass Gewessler an
einen gemeinsamen Beschluss der österreichischen Bundesländer gegen
das Gesetz gebunden sei. Die Klimaministerin argumentiert hingegen,
dass das Bundesland Wien zuletzt den Kurs gewechselt und sich für das
Renaturierungsgesetz ausgesprochen hatte.
Ein Ja von Österreich würde einen entscheidenden Unterschied machen,
damit eine Mehrheit unter den EU-Staaten zustande kommt. Gewessler
sagte vor dem Treffen in Luxemburg, dass noch nicht klar sei, ob am
Montag eine qualifizierte Mehrheit erreicht werden könne. Sie
beharrte jedoch gegenüber Medien darauf, dass Österreich zustimmen
werde.
Mit dem Renaturierungsgesetz sollen in der Europäischen Union unter
anderem künftig mehr Bäume gepflanzt sowie Moore und Flüsse in ihren
natürlichen Zustand zurückversetzt werden. Das Europaparlament hatte
bereits im Februar grünes Licht gegeben. Vor allem konservative
Politiker und Bauernverbände befürchten eine unverhältnismäßige
Belastung für Landwirte. Das Gesetz war wegen der Kritik im
Verhandlungsprozess bereits deutlich abgeschwächt worden.