EU führt vorläufige Strafzölle auf E-Autos aus China ein

04.07.2024 13:18

Die EU-Kommission macht Ernst und führt vorläufige Strafzölle auf
E-Autos aus China ein. Ob sie tatsächlich gezahlt werden müssen, ist
noch offen. Die EU-Staaten können sie unter Umständen stoppen.

Brüssel (dpa) - Die EU führt an diesem Freitag vorläufige Strafzöll
e
auf den Import von Elektroautos aus China ein. Das geht aus dem
EU-Amtsblatt hervor. Die Strafzölle treffen unter anderem das
Unternehmen BYD, das derzeit im großen Stil die
Fußball-Europameisterschaft sponsert. 

Die vorläufigen Zölle sind das Ergebnis einer Untersuchung der
EU-Kommission. Diese ergab, dass die gesamte Wertschöpfungskette für
Elektroautos in China stark subventioniert wird und durch die
Einfuhren chinesischer E-Autos eine klar voraussehbare und
unmittelbar bevorstehende Schädigung der Industrie in der EU droht.
Kommissionsangaben zufolge sind chinesische Elektroautos
normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte
Modelle. 

Konkret steht für den Hersteller BYD ein vorläufiger Strafzoll von
17,4 Prozent, für Geely 19,9 Prozent und für SAIC 37,6 Prozent im
Raum. Geely produziert unter anderem die elektrischen Smart-Modelle
#1 und #3 sowie den Volvo EX30. SAIC baut den in Deutschland
populären MG4, der in den Zulassungsstatistiken aus Flensburg im Mai
unter den E-Autos knapp hinter dem VW ID.3 auf dem zweiten Platz
landete. Für andere Hersteller sind 20,8 Prozent vorgesehen, und für
Firmen, die bei der Untersuchung nicht kooperiert hatten, würde ein
Strafzoll in Höhe von 37,6 Prozent fällig.

Die endgültige Einführung der Strafzölle soll innerhalb von vier
Monaten erfolgen, wenn China nicht noch überraschende Zugeständnisse
macht. Bis dahin müssen die Zölle noch nicht gezahlt werden, sondern
nur Sicherheitsleistungen für sie hinterlegt werden. Nach Angaben des
Verbands der Automobilindustrie (VDA) haben beide Seiten in den
vergangenen Tagen die notwendige Gesprächsbereitschaft signalisiert
und befinden
sich im intensiven Austausch. 

Sorge vor Gegenmaßnahmen

In Deutschland sorgt das Vorgehen der EU-Kommission für Sorgen, weil
etwa Vergeltungsmaßnahmen befürchtet werden, die vor allem deutsche
Autohersteller treffen könnten. China ist der größte Automarkt der
Welt und war laut VDA im Jahr 2023 für Autos aus Deutschland der
drittgrößte Exportmarkt - nach den USA und dem Vereinigten
Königreich. Deutsche Firmen könnten aber nicht nur von Gegenmaßnahmen

betroffen sein, sondern auch von den EU-Maßnahmen selbst - denn sie
produzieren teils in China für den Export. 

Mit Blick auf mögliche Vergeltungsmaßnahmen Chinas warnte der VDA
zuletzt, sollte China seinerseits Einfuhrzölle auf Fahrzeuge mit
einem Motor von mehr als 2,5 Litern Hubraum einführen, würde dies die
Branche hart treffen. Im Jahr 2023 sei etwa ein Drittel der aus
Deutschland nach China exportierten Fahrzeuge in diese Größenordnung
gefallen.

«Ohne Frage» zeigten die EU-Untersuchungen, dass das Ausmaß der
staatlichen
Unterstützung in China eine Herausforderung sei. Der potenzielle
Schaden von Zusatzzöllen sei aber voraussichtlich höher als der
mögliche Nutzen - insbesondere die deutsche 
Automobilindustrie.

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dringt deswegen
auf eine politische Lösung bis November. Deutschland habe kein
Interesse daran, «dass es einen Wettlauf von Zöllen gibt und die
Märkte dadurch fragmentiert werden», betonte er jüngst. Auch China
als Exportland habe daran kein Interesse. Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron hatte sich in der Vergangenheit hingegen
grundsätzlich positiv zu Strafmaßnahmen gegen Chinas E-Autos
geäußert. 

Verhandlungen zwischen Brüssel und Peking dauern an

Gespräche gab es zuletzt unter anderem zwischen dem chinesischen
Handelsminister Wang Wentao und EU-Handelskommissar Valdis
Dombrovskis. Ob sie zu einer Beilegung des Handelskonflikts führen,
ist allerdings völlig offen. Vonseiten der EU-Kommission wird immer
wieder betont, dass ein Verhandlungsergebnis den Einfluss schädlicher
Subventionierungen eliminieren müsse. Gespräche zwischen Brüssel und

Peking sollen in den kommenden Wochen fortgesetzt werden. 

Wenn die Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen zu dem
Schluss kommt, dass China sich nicht ausreichend bewegt, kann sie in
den nächsten vier Monaten einen Vorschlag zur Einführung endgültiger

Strafzölle vorlegen. Die EU-Staaten könnten die dann vorgeschlagenen
Zölle nur stoppen, wenn sich eine sogenannte qualifizierte Mehrheit
gegen den Vorschlag ausspricht.

Qualifizierte Mehrheit bedeutet in der Regel, dass mindestens 15
EU-Staaten zustimmen müssen, die zusammen mindestens 65 Prozent der
Gesamtbevölkerung der Union ausmachen. Kommt weder für noch gegen den
Vorschlag eine qualifizierte Mehrheit zustande, kann die Kommission
ihn entweder annehmen oder eine neue, geänderte Version vorlegen.