Brief an EU-Politiker - Orban berichtet über Putins Pläne

09.07.2024 16:18

Der ungarische Regierungschef besucht Kremlchef Putin in Moskau - das
hat die EU scharf kritisiert. In einem Brief an seine Amtskollegen
gibt Orban nun Einblick in dessen Sicht auf den Angriffskrieg gegen
die Ukraine.

Brüssel (dpa) - Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban zieht
in einem Brief an die EU-Staats- und Regierungschefs ein Fazit seiner
unangekündigten Reise nach Moskau. In dem Schreiben, das der
Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt, legt er die Sichtweise
des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf den Krieg gegen die
Ukraine dar. Unter anderem schreibt er, dass sich Russland nur an
Friedensgesprächen beteiligen werde, an denen auch die Ukraine
teilnehmen werde. Putin habe auch einen Plan, wie die europäische
Sicherheitsarchitektur nach dem Krieg aussehen könne. Details dazu
ließ der ungarische Regierungschef aber offen. 

Zudem macht sich Orban in dem Brief russische Sichtweisen auf Moskaus
Angriffskrieg gegen die Ukraine zu eigen. Derzeit gebe es die Chance
auf einen Waffenstillstand, aber falls es nicht gelingen sollte, eine
bevorstehende Verschärfung des Konfliktes zu verhindern, werde man in
den nächsten zwei Monaten Zeuge dramatischerer Verluste sein als je
zuvor, heißt es in dem Schreiben. Dabei sei Zeit ein entscheidender
Faktor. 

Darüber hinaus gibt der Ungar in dem Brief, der auf vergangene Woche
datiert ist, russische Sichtweisen ohne weitere Einordnung an seine
EU-Kollegen weiter. Die Russen seien der Ansicht, die Zeit sei nicht
auf der Seite der Ukraine, sondern auf der Seite der russischen
Streitkräfte, schreibt Orban. 

Viel Kritik an überraschendem Moskau-Besuch

Zudem verbreitet er unrealistisch hohe russische Schätzungen zur Zahl
ukrainischer Opfer und Verletzter in dem Brief, der an
EU-Ratspräsident Charles Michel adressiert ist und auch an die
EU-Staats- und Regierungschefs verschickt wurde. 

Orban war am Freitag überraschend zu einem Besuch in Moskau gelandet
und hatte dafür deutliche Kritik aus der EU geerntet. Ungarn hatte
zum 1. Juli die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernommen.

Putin hatte die von ihm genannten Bedingungen für ein Ende des
Krieges immer mit dem Hinweis verknüpft, sie besser schnell zu
akzeptieren, bevor sich die Lage für die Ukraine weiter
verschlechtere. Tatsächlich ist das Leben in den ukrainischen Städten
schwieriger geworden durch die dauernden russischen Bombardements auf
das Energiesystem. An der Front aber kommt Russland im Osten und
Süden nur unter hohen Verlusten und sehr langsam voran. 

Die seit Mai laufende Offensive bei Charkiw ist stecken geblieben.
Auf der Krim hat die Ukraine der russischen Luftverteidigung wie der
Flotte empfindliche Schläge zugefügt. Und die Ukraine wartet darauf,
dass sich ihre Bewaffnung mit mehr Patriot-Flugabwehrsystemen und
Kampfflugzeugen vom Typ F16 bald verbessert.