Israels Finanzminister entsetzt mit Äußerungen zu Aushungern

07.08.2024 20:59

Der israelische Finanzminister wird mit Äußerungen zitiert, in denen
er bedauert, die zwei Millionen Palästinenser im Gazastreifen nicht
aushungern zu können. Berlin und Paris reagieren empört.

Berlin/Paris (dpa) - Deutschland, Frankreich und die EU haben sich
entsetzt über Äußerungen des israelischen Finanzministers Bezalel
Smotrich geäußert, mit denen er die Nahrungsmittelhilfe für
Palästinenser im Gazastreifen bedauert und ein Aushungern als
moralisch gerechtfertigt bezeichnet.«Es sind völlig inakzeptable und
empörende Äußerungen des israelischen Finanzministers. Wir weisen sie

auf das Allerschärfste zurück», sagte ein Sprecher des Auswärtigen

Amtes in Berlin. 

«Es ist ein Gebot der Menschlichkeit und ein Grundprinzip des
humanitären Völkerrechts, das auch im Krieg Zivilistinnen und
Zivilisten geschützt werden müssen und zum Beispiel Zugang zu Wasser
und Nahrungsmitteln bekommen müssen», so der Sprecher. 

EU: Aushungern von Zivilisten ist Kriegsverbrechen

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell teilte mit, man erwarte von der
israelischen Regierung, dass sie sich eindeutig von den Worten von
Minister Smotrich distanziere. Die Äußerungen zeigten erneut dessen
Verachtung für das Völkerrecht und die grundlegenden Prinzipien der
Menschlichkeit. Das absichtliche Aushungern von Zivilisten sei ein
Kriegsverbrechen.

Smotrich hatte sich laut israelischen Medienberichten zur
internationalen Situation seines Landes geäußert und eine Blockade
der Hilfsgüter bis zur Freilassung aller Geiseln als moralisch und
gerechtfertigt bezeichnet, selbst wenn dies den Hungertod von zwei
Millionen Menschen im Gazastreifen bedeute. Aber die internationale
Gemeinschaft werde dies nicht zulassen, so Smotrich. 

Paris: Hilfe ist verpflichtend

Das Pariser Außenministerium sprach von «skandalösen Äußerungen
» und
rief die israelische Regierung ebenfalls auf, «diese inakzeptablen
Äußerungen scharf zu verurteilen». «Frankreich erinnert daran, dass

die Bereitstellung humanitärer Hilfe für zwei Millionen Zivilisten,
die sich in einer absoluten Notsituation in einem Gebiet befinden,
das unter Blockade steht und dessen Zugangspunkte Israel
kontrolliert, eine Verpflichtung nach dem humanitären Völkerrecht
ist, wie der Internationale Gerichtshof in Erinnerung gerufen hat.» 

Internationaler Strafgerichtshof ist bereits befasst

Auf die Frage, ob die Bundesregierung daran eine Völkermordabsicht
(«genocidal intent») erkenne oder diese Äußerungen so bewerte, sagt
e
der Außenamtssprecher, er sei sicher, «dass die Äußerungen auch in

Den Haag sehr aufmerksam verfolgt werden, wo ja gerade über diese Art
von Fragen beraten wird».

Am 21. Mai hatte der Chefankläger des Internationalen
Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag Haftbefehle gegen Netanjahu und
andere Israelis beantragt. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, für
das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung sowie für
willkürliche Tötungen und zielgerichtete Angriffe auf Zivilisten
verantwortlich zu sein.