Waldbrand nahe Athen wütet fast ungebremst Von Takis Tsafos und Alexia Angelopoulou, dpa
12.08.2024 17:32
Tausende Menschen müssen vor den Flammen flüchten, Häuser verbrennen,
Tiere kommen um, und wegen starker Winde noch ist kein Ende in Sicht.
Jetzt hat die Regierung die EU um Unterstützung gebeten.
Athen (dpa) - Es ist der bislang größte Waldbrand des Jahres: Nur
wenige Kilometer nordöstlich der griechischen Hauptstadt Athen
bekämpft die Feuerwehr auf einer Fläche von rund 200
Quadratkilometern unzählige Brandherde. Den Behörden zufolge ist die
Front fast 30 Kilometer lang. 13 Menschen mussten mit
Atemwegsbeschwerden in Krankenhäusern behandelt werden, ein
Feuerwehrmann wurde durch Verbrennungen schwer verletzt, einer
leicht. Etliche Ortschaften wurden evakuiert. Weil es weiterhin stark
windet, kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Stattdessen hat
die Regierung den EU-Katastrophenmechanismus angefragt.
Immer wieder brechen Brände aus
Allein bis zum Mittag entstanden 40 neue Brandherde, wie die
Feuerwehr mitteilte. «Die sehr starken Winde der Stärke 7 erschweren
uns die Arbeit. Im Moment liegen unsere Verteidigungslinien in den
Regionen im Osten der Stadt Marathon und im Raum der Gemeinde
Penteli, wo das Feuer besonders dynamisch ist», sagte ein Sprecher.
Die Situation sei extrem schwierig, bestätigte auch
Bürgerschutzminister Vassilis Kikilias, der die Bürger im Fernsehen
über die Lage informierte. Obwohl nach dem Ausbruch des ersten
Brandes am Sonntag binnen Minuten das erste Löschflugzeug im Einsatz
war, sei das Feuer wegen der stürmischen Winde schnell völlig außer
Kontrolle geraten.
Mittlerweile sind laut Bürgerschutzministerium knapp 700
Feuerwehrleute mit rund 200 Löschfahrzeugen im Einsatz, zudem
Hunderte Freiwillige sowie 16 Löschflugzeuge und 17
Löschhubschrauber.
EU-Katastrophenschutz läuft
Das aber reicht längst nicht - die griechische Regierung hat auch um
Aktivierung des EU-Katastrophenschutzmechanismus' gebeten. Bereits am
Abend soll Medienberichten zufolge ein erster Hubschrauber aus
Frankreich ankommen, Italien will bis Dienstag zwei Löschflugzeuge
schicken, aus Tschechien sind 75 Feuerwehrleute mit 25 Fahrzeugen auf
dem Weg.
Ein Team aus der Republik Moldau ist bereits vor Ort, außerdem haben
Zypern und die Türkei Hilfe angeboten, auch mit Unterstützung aus
Spanien wird gerechnet.
Flammen rücken näher an Athen heran
Es sei das erste Mal, dass ein Großbrand so nah an die griechische
Hauptstadt gelange, sagten Fachleute im Fernsehen. Die Entfernung der
Flammen vom Stadtzentrum betrug am Nachmittag noch rund elf Kilometer
Luftlinie. Die Rauchwolken sind schon längst da, die Feinstaubwerte
laut Umweltexperten sehr hoch.
Böen von 70 Kilometern pro Stunde
Die Situation sei nicht nur wegen der starken Winde, sondern auch
wegen der anhaltenden Dürre und des unwegsamen, waldigen Geländes so
herausfordernd, sagte Kikilias. Den ganzen Tag über sei weiterhin mit
stürmischem Wind und Böen von bis zu 70 Kilometern pro Stunde zu
rechnen, erst am Abend soll der Wind nachlassen. Doch auch dann gibt
es keine Entwarnung; zum einen können die Flugzeuge und Hubschrauber
im Dunkeln nicht löschen, zum anderen soll der Wind am Dienstag
wieder stärker werden und noch tagelang anhalten.
Die Polizei evakuierte nahegelegene Häuser und Ortschaften, zum Teil
gegen den Willen der Menschen. Fernsehbilder zeigten, wie manche
Anwohner sich weigerten, ihre Wohnorte zu verlassen, in der Hoffnung,
noch etwas gegen die Flammen ausrichten zu können. Vielfach sind es
auch ältere Menschen, die ihre Häuser nicht verlassen wollen.
Dabei ist dieses Verhalten höchst gefährlich. «Gerade noch sahen wir
die Flammenwand in weiter Ferne, plötzlich war das Feuer da», sagte
eine Anwohnerin, die sich in Sicherheit bringen konnte, vor
Reportern.
Die Menschen sind angehalten, auch dann nicht nach Hause
zurückzukehren, wenn ihr Gebiet vermeintlich brandfrei ist. Es
bestehe die Gefahr, plötzlich von Flammen umzingelt zu werden, auch
gelte es, Straßen und Wohnorte für die Arbeit der Feuerwehr
freizuhalten, hieß es seitens der Behörden.
Generell sind die Bewohner im Osten der betroffenen Region Attika
aufgefordert, sich für eine eventuelle Evakuierung ihrer Wohnorte
bereitzuhalten. Auch die Hauptstadt Athen ist in Bereitschaft, dort
halten sich mehrere Krankenhäuser für den Ernstfall bereit.
Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis unterbrach seinen Urlaub und
kehrte nach Athen zurück, um sich beim Krisenstab über die Lage zu
informieren.