Spatenstich für Chipwerk in Dresden - «Wir sind begeistert»

20.08.2024 14:47

Vor einem Jahr gab der taiwanesische Chiphersteller TSMC den Bau
eines Werkes in Dresden bekannt. Nun ist der Spatenstich im Norden
der Stadt erfolgt, wo auch andere Branchengrößen ihr Domizil haben.

Dresden (dpa) - Mit einem symbolischen Spatenstich ist der Bau der
ersten Chipfabrik des taiwanesischen Halbleiterkonzerns TSMC in
Europa eingeläutet worden. «Der größte Mikrochiphersteller der Welt

kommt auf unseren Kontinent und schließt sich zusammen mit drei
europäischen Champions», sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von
der Leyen bei der Zeremonie in Dresden. 

Die Investition von gut zehn Milliarden Euro ist ein
Gemeinschaftsvorhaben des taiwanesischen Branchenriesen TSMC und der
bereits in Dresden ansässigen Firmen Bosch, Infineon und NXP
Semiconductor. TSMC soll 70 Prozent an dem Unternehmen halten, die
anderen Partner jeweils zehn Prozent. Das Werk trägt den Namen
European Semiconductor Manufacturing Company (ESMC). Es ist ein
wichtiges Projekt im Rahmen des Europäischen Chip-Gesetzes (Chips
Act), durch den eine innovative und nachhaltige Halbleiterproduktion
in Europa etabliert werden soll.

Milliarden-Förderung vom Bund

Das Bundeswirtschaftsministerium will das Projekt mit fünf Milliarden
Euro fördern. Dafür gab es am Dienstag grünes Licht aus Brüssel nac
h
einer Überprüfung der entsprechenden Vorschriften. Die neue Fabrik
erfülle als die erste ihrer Art in Europa unter dem Chips-Act die
Voraussetzungen für staatliche Beihilfen, sagte von der Leyen. Sie
habe daher am Morgen die Genehmigung erteilt.

«Mit der Förderung der Halbleiterindustrie unterstützen wir nicht nur

die Halbleiterindustrie selbst», sagte Bundeskanzler Olaf Scholz
(SPD). Rund um neue Produktionsstätten würden ganze Netzwerke aus
Forschung, Entwicklung, Start-ups und Zulieferung entstehen.

Mit der neuen Fabrik in Dresden wolle man den Halbleiterbedarf der
schnell wachsenden europäischen Automobil- und Industriesektoren
decken, sagte TSMC-Chef C. C. Wei. «Mit dieser hochmodernen
Produktionsanlage werden wir die innovativen Fertigungsmethoden von
TSMC viel näher zu unseren europäischen Kunden und Partnern bringen.»


Die Vorteile werde man weit über Dresden und Sachsen hinaus spüren,
sagte von der Leyen. Die europäische Industrie werde von
zuverlässigeren Lieferketten und neuen Produkten, die auf ihre
Bedürfnisse zugeschnitten sind, profitieren. «In Zeiten wachsender
geopolitischer Spannungen wird auch TSMC von der geographischen
Diversifizierung nach Europa profitieren», betonte von der Leyen.

Scholz «begeistert» von Ansiedlung

«Wir sind begeistert, dass ein so wichtiger Akteur der weltweiten
Halbleiter-Szenerie jetzt hier bei uns einen Standort öffnet», sagte
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Veranstaltung. Er wies auch
auf die wichtige Rolle von Halbleitern auf dem Weg zur
Klimaneutralität hin. Diese sei nur mit Windkraft, Photovoltaik und
klimaneutraler Mobilität zu erreichen. «Alle diese Bereiche haben
aber eines gemeinsamen: Sie brauchen Halbleiter, sehr, sehr viele
Halbleiter», sagte er. In einem E-Auto steckten etwa schon heute
doppelt so viele Chips wie in einem Auto mit Verbrennungsmotor.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach von einem
großen Tag. «Dresden ist der beste Platz für Mikroelektronik in
Europa», sagte er. «Silicon Saxony, das bedeutet Zukunftstechnologie,
Wirtschaftspolitik und Wissenschaftspolitik, die über viele Jahre und
Jahrzehnte kontinuierlich an einem Ziel gearbeitet hat, gemeinsam mit
vielen Partnern», ergänzte er mit Blick auf die bereits ansässigen
Produzenten Bosch, Globalfoundries und Infineon. Kretschmer dankte
Scholz für seinen persönlichen Einsatz für die TSMC-Ansiedlung.

Gewerkschaft fordert Tarifbindung für Angestellte

Die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner begrüßte die Investition.
Mit TSMC und dem gemeinschaftlichen Projekt ESMC komme ein großes
Stück industrieller Zukunft und Unabhängigkeit nach Deutschland.
«Dass für Zukunftsförderung Steuergelder investiert werden, ist eine

richtige Entscheidung. Es sollte aber klar sein, dass nicht nur die
richtigen Bedingungen für das Unternehmen, sondern auch für die
Beschäftigten geschaffen werden und das heißt: Tarifbindung und
sichere, gut bezahlte Arbeitsplätze.»

Nach Ansicht von Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder ist
der Spatenstich in Dresden «ein Meilenstein für den
Technologiestandort Deutschland». «Die staatlichen Beihilfen sind gut
investiert und sorgen für mehr Chancengleichheit im Wettbewerb mit
führenden Chip-Standorten in Asien oder den USA», sagte er laut einer
Mitteilung. Wichtig sei es aber auch, die anderen Bereiche der
Branche, wie etwa das Chip- und Anwendungsdesign zu fordern. Außerdem
müsse man auch genügend Spezialistinnen und Spezialisten vor Ort
haben, dafür müsse man Deutschland als Lebensmittelpunkt attraktiv
machen.

Die Produktion soll 2027 beginnen. Schwerpunkt sind Chips für die
Autoindustrie. Mit der ersten Fabrik von TSMC in Europa sind 2.000
Arbeitsplätze verbunden.