Macron macht früheren EU-Kommissar Barnier zum Premier

05.09.2024 13:43

Seit Wochen steckt Frankreich in einer handfesten politischen Krise.
Präsident Macron schien mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Richten
soll es einer mit viel Erfahrung in Paris und Brüssel.

Paris (dpa) - Knapp zwei Monate nach der Parlamentswahl hat
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron den ehemaligen EU-Kommissar
Michel Barnier zum Regierungschef ernannt. Der Élyséepalast teilte
mit, Macron habe Barnier den Auftrag gegeben, eine Regierung des
Zusammenschlusses zu bilden. Zuvor hatte Macron tagelang Gespräche
mit allen politischen Kräften im Parlament geführt, um eine möglichst

breite und stabile Regierung auszuloten.

Der 73 Jahre alte Barnier ist ein einflussreicher Kopf bei
Frankreichs konservativen Républicains. Er blickt auf eine
jahrzehntelange politische Karriere zurück. Er war Umweltminister
unter François Mitterrand, Außenminister unter Jacques Chirac und
Landwirtschaftsminister unter Nicolas Sarkozy. Der gebürtige
Ostfranzose arbeitete zudem mehrfach als EU-Kommissar. Er fungierte
außerdem als Brexit-Chefunterhändler der Europäischen Union.

Ob Barnier eine mehrheitsfähige Regierung aufstellen kann, wird sich
erst noch zeigen. Die Konservativen hatten betont, nicht Teil einer
Regierung sein zu wollen. Sie dürften eine Regierung von Barnier aber
zumindest dulden. Die Unterstützung des Macron-Lagers dürfte dem
neuen Regierungschef gewiss sein.

Schwer absehbar ist aber, wie er nötige Stimmen aus dem linken Lager
bekommen könnte. Möglich, dass ihn am Ende die Rechtsnationalen
dulden - aus Zuspruch für Barniers restriktive Positionen im Bereich
Migrationspolitik.

Mit dem Regierungswechsel wird der Liberale Macron Macht abgeben
müssen. Der Premier wird als Leiter der Regierungspolitik wichtiger.
In der Außenpolitik behält Macron die Oberhand.

Bei der vorgezogenen Parlamentswahl war das Linksbündnis Nouveau
Front Populaire vor Macrons Mitte-Kräften und dem rechtsnationalen
Rassemblement National um Marine Le Pen vorne gelandet. Eine absolute
Mehrheit erhielt keines der Lager. Lange stockte daher die
Regierungsfindung.

Die Herausforderung war es für Macron vor allem, einen Premier zu
finden, der keine Mehrheit gegen sich aufbringt und somit durch ein
Misstrauensvotum gestürzt werden könnte.