Polen: Korruptionsvorwürfe gegen früheren Europaabgeordneten

13.09.2024 13:46

Ein Politiker der nationalkonservativen PiS soll in den Fall einer
privaten Hochschule verwickelt sein, die mit Diplomen handelte. Er
steht im Verdacht, Schmiergelder kassiert zu haben.

Warschau (dpa) - Die Staatsanwaltschaft in Polen ermittelt wegen des
Verdachts der Korruption gegen den ehemaligen Europaabgeordneten
Ryszard Czarnecki von der langjährigen Regierungspartei PiS sowie
gegen seine Frau. Beiden werde bezahlte Protektion in Verbindung mit
Korruption sowie Geldwäsche vorgeworfen, sagte ein Sprecher der
Behörde in Kattowitz (Katowice). 

Czarnecki und seine Frau waren am Mittwoch festgenommen worden, kamen
auf Kaution jedoch inzwischen wieder frei. Bei den Ermittlungen gegen
den einstigen Vize-Präsidenten des EU-Parlaments geht es um
Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der privaten Hochschule
Collegium Humanum. Diese steht im Verdacht, Handel mit Diplomen
getrieben zu haben. Nach polnischen Medienberichten sollen
PiS-Politiker hier im Schnellverfahren ihren Master of Business
Administration erworben haben. Derzeit wird gegen den Rektor und
mehrere weitere Personen ermittelt.

Schmiergeldzahlung für Hochschul-Dependance in Usbekistan?

Laut Staatsanwaltschaft soll Czarnecki dem Rektor der Hochschule
zwischen April 2019 und Oktober 2023 angeboten haben, seinen Einfluss
im Außenministerium spielen zu lassen, damit die Hochschule eine
Dependance in Usbekistan einrichten kann. Im Gegenzug habe Czarnecki
umgerechnet rund 21.000 Euro von der Hochschulleitung erhalten. Um
die Zahlung zu kaschieren, sei seine Frau dort fiktiv angestellt
worden. Czarnecki und seine Frau bestreiten die Vorwürfe. Im Fall
einer Verurteilung drohen beiden bis zu zehn Jahren Haft. 

Ermittlungen wegen falscher Reisekostenabrechnungen

Gegen Czarnecki hatte 2020 bereits in anderer Sache die europäische
Antibetrugsbehörde (Olaf) ermittelt. In seiner Zeit als Mitglied des
Europaparlaments hatte er von 2009 bis 2013 insgesamt 203.167 Euro
Reisekosten abgerechnet. Er musste letztlich 104.000 Euro an das
Parlament zurückzahlen. Das Verfahren ist nun in Polen anhängig. Auch
in diesem Fall bestreitet Czarnecki die Vorwürfe.