Bundesbank-Präsident erwartet keine schnellen Zinssenkungen
18.09.2024 14:18
Angesichts der sinkenden Inflation hat die Europäische Zentralbank
die Zinsen gesenkt. Wie es weitergeht, sei offen, betont die
Bundesbank. Sie befürwortet zudem eine Reform der Schuldenbremse.
Frankfurt/Main (dpa) - Bundesbank-Präsident Joachim Nagel rechnet
nicht mit schnellen Zinssenkungen in der Eurozone. Seiner
Einschätzung nach gilt es als sicher, dass «die Leitzinsen nicht so
schnell und stark runtergehen, wie sie raufgegangen sind», sagte
Nagel laut Redetext auf einer Veranstaltung der Commerzbank in
Frankfurt. Wie genau es weitergehe, sei offen. Weil die weiteren
Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) von der
Entwicklung der Konjunkturdaten abhängig seien, «können die
Zeitabstände zwischen den potenziellen Schritten variieren». Nagel
machte zudem deutlich, dass der geldpolitische Kurs «hinreichend
straff» bleiben müsse, damit die Inflationsrate mittelfristig zum
EZB-Ziel zwei Prozent im Euroraum zurückkehre.
«Inflation noch nicht da, wo wir sie haben wollen»
Im Kampf gegen die hohe Inflation mit Jahresraten von mehr als zehn
Prozent im Herbst 2022 hatte die EZB die Leitzinsen zehnmal in Folge
angehoben. Nachdem sich die Teuerung abgeschwächt hatte, begann die
EZB im Juni die Zinswende. Im September senkte die Notenbank den
wichtigsten Leitzins, den Einlagensatz, erneut um 0,25 Prozentpunkte
auf nun 3,5 Prozent. Einige Beobachter rechnen damit, dass die EZB
bei ihrer nächsten Sitzung im Oktober eine Pause einlegt.
Zuletzt lag die Inflation in der Eurozone im August bei 2,2 Prozent.
Nagel verwies in seiner Rede auf einen «nur langsam nachlassenden
Lohndruck». Hinzu komme, dass der Rückgang der Teuerung hauptsächlich
auf einem Rückgang der Energiepreise basiere. «Aktuell ist die
Inflation noch nicht da, wo wir im EZB-Rat sie haben wollen», sagte
Nagel.
Nagel für moderate Lockerung der Schuldenbremse
Die Bundesbank plädierte zudem erneut für eine Reform der
Schuldenbremse. Nagel verwies darauf, dass die Verschuldungsquote in
Deutschland nicht mehr weit weg sei von der 60 Prozent-Obergrenze
gemessen am Bruttoinlandsprodukt, die in den europäischen Verträgen
von Maastricht vorgesehen ist. «Hier kann es dann in der Tat sinnvoll
sein, durch eine moderate Reform der Schuldenbremse den fiskalischen
Spielraum etwas zu vergrößern, solange Deutschland die europäischen
Schuldenregeln erfüllt», sagte Nagel. Er verwies auf Mehrausgaben
etwa für Klimaschutz und Verteidigung, die auf der
Dringlichkeitsliste nach oben rückten. 2023 war die Schuldenquote
Deutschlands auf 63,7 Prozent gesunken.
Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erlaubt dem Bund nur in
geringem Maße die Aufnahme neuer Schulden. In der Ampel-Regierung
gibt es im Zuge des Haushaltsstreits immer wieder Streit um die
Schuldenbremse. Die FDP pocht auf die Einhaltung.