Den Haag will Ausstieg aus EU-Asylregeln - Wilders: «Mini Nexit»

18.09.2024 16:14

Radikaler Kurswechsel in den Niederlanden: Die neue rechte Regierung
plant die strengsten Asyl-Regeln der EU. Mit einem klaren Signal an
Brüssel. Rechtsaußen Wilders jubelt.

Den Haag (dpa) - Die Niederlande haben bei der EU-Kommission den
Ausstieg aus den EU-Asylregeln beantragt. Der Rechtspopulist Geert
Wilders, der mit seiner radikal-rechten Partei für die Freiheit (PVV)
erstmals in der Koalition sitzt, sprach von einem wichtigen Signal,
«dass ein neuer Wind weht in den Niederlanden». «Dies ist ein
Mini-Nexit», sagte Wilders im Parlament in Den Haag. 

Der Austritt der Niederlande aus der EU, der sogenannte Nexit, war
lange eine Forderung von Wilders. Er hatte sie aber vor der
Beteiligung an der Regierung auf Eis gelegt. 

Wenig Aussichten

Dass die Niederlande Erfolg haben, ist unwahrscheinlich. Für eine
solche Ausnahmeregel - den sogenannten Opt-Out - müssen in der Regel
alle 27 EU-Staaten zustimmen. Außerdem haben sich die EU-Länder
bereits auf eine neue Asylreform geeinigt und müssen diese nun
umsetzen.

Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte den Eingang des Antrags.
Ein Opt-Out sei jedoch nur durch Änderungen der Verträge möglich. «
In
diesem Zusammenhang erwarten wir keine unmittelbaren Änderungen an
den EU-Vorschriften zu Asyl und Migration», sagte die Sprecherin. Die
Vorschriften seien weiterhin für die Niederlande verbindlich.

Asyl-Notstand 

Die radikal-rechte Asylministerin Marjolein Faber hatte den Antrag in
Brüssel gestellt und auf X mitgeteilt: «Wir müssen wieder über unse
re
eigene Asylpolitik das Sagen haben.» 

Die Regierung will nach den Worten von Faber erreichen, dass die
Einreise von Asylsuchenden und irregulären Migranten «drastisch
reduziert» wird. Das sei notwendig, «um unsere verfassungsrechtlichen
Aufgaben zu erfüllen wie Bereitstellung von Wohnungen,
Gesundheitsversorgung und Bildung». 

Der radikale Kurswechsel in der Asylpolitik war bereits angekündigt
worden. Die Koalition will auch den Asyl-Notstand ausrufen, um ohne
Zustimmung des Parlaments Teile des Asylgesetzes außer Kraft zu
setzen. Juristen bezweifeln die Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Die
Frage droht, die Koalition zu spalten. Die gemäßigte Koalitionspartei
NSC kündigte bereits an, dem Notstandsgesetz bei einer negativen
rechtlichen Beurteilung nicht zuzustimmen. 

Kritik der Opposition

Auf scharfe Kritik stießen die Pläne der Koalition auch bei der
Opposition. Der Fraktionsvorsitzende des rotgrünen Bündnisses, Frans
Timmermans, sprach im Parlament von einer Aushöhlung des Asylrechts
und will eine europäische Lösung für Probleme. «In den Niederlanden

muss es immer Raum geben für Menschen, die an unsere Tür klopfen,
weil sie sonst ermordet oder eingesperrt werden.» 

Die Asylministerin hatte bereits zuvor entschieden, den Kommunen für
die Aufnahme von abgewiesenen Asylsuchenden die Finanzmittel zu
streichen. Vor allem Großstädte wie Amsterdam, Rotterdam oder Utrecht
versorgen diese Menschen mit «Bett, Bad und Brot». Bargeld bekommen
sie nicht. 

Experten und Behörden weisen darauf hin, dass die Zahl der neu
ankommenden Asylsuchenden relativ stabil bei rund 40.000 im Jahr
liegt. Doch seit Jahren gibt es Probleme bei der Unterbringung durch
Sparmaßnahmen und allgemeine Wohnungsnot.