Assange: Bin frei wegen Schuldeingeständnis für Journalismus

01.10.2024 11:53

Es ist sein erster öffentlicher Auftritt in Freiheit: Julian Assange
spricht im Europarat über seine Haft, die Pressefreiheit und die
US-Behörden- und findet bittere Worte.

Straßburg (dpa) - Bei dem ersten öffentlichen Auftritt nach seiner
Freilassung kritisiert Wikileaks-Gründer Julian Assange die Justiz
und den mangelnden Schutz für Journalisten. «Ich bin heute nicht
frei, weil das System funktioniert. Ich bin heute frei, weil ich mich
des Journalismus schuldig bekannt habe», sagte er in einer Anhörung
vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg.
«Meine Naivität bestand darin, dass ich an das Gesetz glaubte. Wenn
es hart auf hart kommt, sind Gesetze nur ein Stück Papier, und sie
können aus politischer Opportunität umgedeutet werden.»

Der Wikileaks-Gründer war Ende Juni nach 14 Jahren juristischen
Tauziehens überraschend freigekommen und nach Australien
zurückgekehrt. Seither ist er nicht mehr öffentlich aufgetreten. Nach
Jahren in Haft müsse er sich noch an einiges gewöhnen - etwa an das
«gruselige» Geräusch von E-Autos oder wie man am besten mit einer
Schwiegermutter umgehe, scherzte Assange.

Von 2010 an hatte Wikileaks geheimes Material der Whistleblowerin
Chelsea Manning von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan
veröffentlicht. Die USA warfen Assange vor, damit das Leben von
US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Assanges Unterstützer
sehen ihn hingegen als mutigen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans
Licht brachte.

Assange bedankt sich bei Unterstützern

Assange hatte sich sieben Jahre lang in der ecuadorianischen
Botschaft in London verschanzt. 2019 wurde er dort festgenommen und
saß anschließend im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, wo er sich
juristisch gegen eine Auslieferung in die USA zur Wehr setzte. Laut
Wikileaks war Assange dort 23 Stunden am Tag in Isolationshaft in
einer winzigen Zelle. Der Europarat, dem 46 Staaten angehören und der
von der EU unabhängig ist, hatte sich in der Vergangenheit immer
wieder mit der menschenrechtlichen Situation Assanges
auseinandergesetzt.

Der Australier bedankte sich bei seinen Unterstützern und
appellierte: «Wir alle sollten uns verpflichten, unseren Teil dazu
beizutragen, dass das Licht der Freiheit niemals erlischt, dass die
Suche nach der Wahrheit weitergeht und dass die Stimmen der Vielen
nicht durch die Interessen der Wenigen zum Schweigen gebracht
werden.»