Bericht: Kennzeichen auf Lebensmitteln verwirren Verbraucher

25.11.2024 17:00

In der EU sind Lebensmittel mit vielen Angaben zum Inhalt beschriftet
- manche sind Pflicht, andere nicht. Die Vielzahl der Infos sei oft
überfordernd, bemängelt der EU-Rechnungshof mit klaren Worten.

Luxemburg (dpa) - Unzählige Logos, Slogans und Gütesiegel: Die
Kennzeichnung von Lebensmitteln in der EU führt Verbraucherinnen und
Verbraucher aus Sicht des Europäischen Rechnungshofs mitunter in die
Irre. Es gebe Lücken in den rechtlichen Vorgaben sowie Mängel bei
Kontrollen und Sanktionen.

Die EU-Vorschriften stellen nach Einschätzung der Prüfer zwar sicher,
dass die Etiketten grundlegende Informationen enthalten. Dennoch
seien die Lücken im rechtlichen Rahmen teils so gravierend, dass sie
«der Täuschung der Verbraucher Vorschub leisten», teilte der
Rechnungshof mit. So sei es selbst bei Produkten mit hohem Fett-,
Zucker- oder Salzgehalt noch möglich, bestimmte Vorteile in Bezug auf
die Nährwerte oder gesundheitliche Wirkung des Produktes
hervorzuheben.

«Die Unternehmen legen bei den Angaben auf den Verpackungen große
Kreativität an den Tag», sagte Keit Pentus-Rosimannus vom
Rechnungshof. «Die EU-Vorschriften halten mit dem sich ständig
entwickelnden Markt jedoch nicht Schritt, sodass rund 450 Millionen
europäische Verbraucher vorsätzlich oder unbeabsichtigt irreführenden

Botschaften ausgesetzt sind.»

Standards für Etiketten fehlen

Die Prüfer bemängelten, dass es in der EU hunderte verschiedene
Kennzeichnungen gebe. Angaben zu Nährwerten wie der auch in
Deutschland genutzte Nutri-Score seien nicht in der gesamten EU
standardisiert. Auch fehlten EU-weite Definitionen für Labels zu
Inhaltsstoffen. Das betrifft den Angaben zufolge etwa Aufschriften
wie «vegan» oder «vegetarisch» sowie Informationen für Allergiker
.

Als zusätzliches Problem identifizierten die Prüfer demnach eine
Vielzahl freiwilliger Labels, die Verbraucherinnen und Verbraucher
zum Kauf bewegen sollen. Darunter fielen oft Etiketten zur Qualität
oder Nachhaltigkeit eines Produktes. Eine Vielzahl dieser Labels
komme sogenanntem Greenwashing gleich, also der Praxis, ein Produkt
fälschlicherweise als umweltfreundlich zu vermarkten, kritisierte der
Rechnungshof. 

Ein Sprecher der EU-Kommission teilte mit, EU-Recht garantiere, dass
die Informationen über Lebensmittel wissenschaftlich fundiert und
frei von irreführenden Angaben seien. Zudem hieß es: «Es könnte
Lücken bei der Durchsetzung geben, wenn irreführende Etiketten auf
den Markt kommen.»

Rechnungshof: Bußgelder für Unternehmen zu niedrig

Freiwillige Angaben der Unternehmen würden selten überprüft, hieß e
s.
Gerade der Online-Verkauf von Lebensmitteln, der seit der
Corona-Pandemie stark zugenommen habe, sei kaum zu kontrollieren. Und
selbst wenn ein Verstoß auffalle, seien die Bußgelder oft zu niedrig,
um Unternehmen tatsächlich abzuschrecken. 

Generell achte die EU nicht genug darauf, ob Verbraucher die
Etiketten überhaupt richtig verstehen. Die EU stelle zwischen 2021
und 2025 mit 5,5 Millionen Euro eine vergleichsweise geringe Summe
für Kampagnen bereit, die Verbraucher über die Kennzeichen auf
Lebensmitteln aufklären.