EZB-Direktorin Schnabel warnt vor zu starken Zinssenkungen
27.11.2024 10:56
In zwei Wochen entscheidet die Europäische Zentralbank erneut über
die Leitzinsen - die Börse rechnet mit Senkungen, auch in den Monaten
danach. Doch Direktorin Schnabel warnt davor, zu weit zu gehen.
Frankfurt/Main (dpa) - EZB-Direktorin Isabel Schnabel warnt vor zu
starken Zinssenkungen in der Eurozone. Die Währungshüter der
Europäischen Zentralbank (EZB) könnten die Geldpolitik zwar weiter
lockern, dies sollte aber nur schrittweise geschehen, sagte Schnabel
der Nachrichtenagentur Bloomberg. «Ich würde davor warnen, zu weit zu
gehen.»
Sollten die Zinsen zu stark fallen, könnten sie unter das neutrale
Niveau sinken, sagte die EZB-Direktorin. Mit dem neutralen Niveau ist
gemeint, dass die Leitzinsen die Konjunktur weder bremsen noch
anschieben. Schnabel schätzt das neutrale Niveau auf zwei bis drei
Prozent. Ein Absenken der Zinsen in den akkommodierenden Bereich, in
dem die Wirtschaft angeschoben wird, «halte ich aus heutiger Sicht
nicht für angemessen.»
Seit der Zinswende im Juli hat die EZB die Leitzinsen dreimal
gesenkt. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den
Banken für bei der Zentralbank geparkte überschüssige Gelder
erhalten, liegt bei 3,25 Prozent. An den Börsen wird mit weiter
sinkenden Zinsen gerechnet, nachdem Konjunkturdaten aus der Eurozone
zuletzt überraschend schwach ausfielen. Die nächste Zinsentscheidung
der EZB steht am 12. Dezember an.
Rege Debatte um Zinssenkungen
EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hatte sich am Montag für weitere
Zinssenkungen zur Stützung der Wirtschaft ausgesprochen. «Wir legen
uns nicht im Voraus auf ein genaues Tempo der Senkung fest, aber wir
werden unsere Zinsen schrittweise senken müssen», sagte Lane der
französischen Finanzzeitung «Les Echos». Nach seiner Einschätzung
sollte die Geldpolitik nicht zu lange restriktiv bleiben.
«Andernfalls wird die Wirtschaft nicht ausreichend wachsen.»
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel warnte hingegen zuletzt abermals
vor zu schnell sinkenden Zinsen. Es gelte weiter, vorsichtig zu sein
«und die Geldpolitik nur graduell und nicht zu schnell zu lockern»,
sagte er in Dortmund. So könnten sich die Zollpläne des designierten
US-Präsidenten Donald Trump auch hierzulande in höherer Inflation
niederschlagen, so Nagel. Zudem sei nicht auszuschließen, dass das
Lohnwachstum in der Eurozone, das Auswirkungen auf die Preise von
Dienstleistungen hat, langsamer zurückgehe als erwartet.