EU-Außenbeauftragter sieht Demokratie in Israel in Gefahr
28.11.2024 12:14
Geht von Extremisten in Israel auch eine Gefahr für Europa aus? Das
befürchtet EU-Chefdiplomat Josep Borrell. Den Nahost-Konflikt nennt
er ein «Krebsgeschwür».
Brüssel (dpa) - Der scheidende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat
mit drastischen Worten die Entwicklungen in Israel kritisiert. «Die
israelische Gesellschaft wird heute leider von innen heraus von
Extremisten und gewalttätigen Menschen kolonisiert», sagte der
Spanier bei einer internationalen Konferenz für eine
Zweistaatenlösung im Nahost-Konflikt in Brüssel. Die «Kolonisierung
des Denkens der Menschen» sei aus seiner Sicht die größte Gefahr, der
die israelische Gesellschaft gegenüberstehe. Sie untergrabe die
Grundpfeiler ihrer Demokratie.
Als Beleg für die aus seiner Sicht problematische Entwicklung nannte
Borrell den internationalen Haftbefehl gegen Israels
Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und dessen früheren
Verteidigungsminister Joav Galant, der wegen mutmaßlicher
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im
Gaza-Krieg erlassen wurde. «Nach dem, was in Gaza und im
Westjordanland passiert ist, gibt es ein anderes Israel», sagte
Borrell in Anspielung auf die jüngsten Entwicklungen.
Den Nahost-Konflikt bezeichnete Borrell als «Krebsgeschwür», das
metastasieren und die internationalen Beziehungen sowie auch die
europäischen Gesellschaften von innen heraus beeinträchtigen werde,
wenn es keinen Frieden gebe.
Im Gazastreifen reagiert Israel mittlerweile seit rund einem Jahr mit
einem massiven Militäreinsatz auf den verheerenden Terrorangriff der
islamistischen Hamas und anderer palästinensischer Extremisten auf
den Süden Israels am 7. Oktober 2023. Ein Grund für die angespannte
Lage im Westjordanland ist, dass Israel dort seit der Eroberung des
Gebiets im Sechstagekrieg 1967 umstrittene Siedlungen ausbaut. In der
EU wird der Siedlungsbau als eines der Hindernisse für Bemühungen um
eine langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt gesehen.