Inflation steigt - Lebensmittel und Dienstleistungen teurer Von Jörn Bender und Alexander Sturm, dpa

28.11.2024 15:04

Das Leben in Deutschland verteuert sich im November etwas stärker.
Die Inflationsrate überschreitet wieder die Zwei-Prozent-Marke. Und
das wird wahrscheinlich nicht die letzte Steigerung gewesen sein.

Wiesbaden (dpa) - Das Leben in Deutschland hat sich im November
nochmals stärker verteuert. Mit 2,2 Prozent überschritt die jährliche

Inflationsrate erstmals seit Juli wieder die Zwei-Prozent-Marke. Das
hat das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten errechnet.
Preistreiber bleiben Lebensmittel und Dienstleistungen. Von Oktober
auf November sanken die Verbraucherpreise unterdessen um 0,2
Prozent. 

Der Aufwärtstrend bei der jährlichen Teuerungsrate wird nach
Einschätzung von Volkswirten in den nächsten Monaten anhalten. Die
gute Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher: Die Inflation
dürfte dennoch auf vergleichsweise moderatem Niveau bleiben.

Der erneute Anstieg der Inflationsrate auf 2,2 Prozent dürfe nicht
als Wiederaufflammen des Inflationsdrucks missverstanden werden, sagt
Ökonom Sebastian Becker von Deutsche Bank Research. Zudem dämpfe die
schwache Konjunktur die Teuerung. Ulrike Kastens, Volkswirtin beim
Deutsche-Bank-Fondsanbieter DWS, erwartet eine ähnliche Rate im
Dezember.

Aufwärtstrend - aber keine Teuerungswelle 

Mit einer Teuerungswelle wie im Jahr 2022 rechnet derzeit kein
Experte. Seinerzeit hatte sich Energie wegen des russischen Angriffs
auf die Ukraine sprunghaft verteuert, in der Folge war die
Inflationsrate hierzulande bis auf fast neun Prozent geklettert.

Von solchen Werten ist die Teuerung in Deutschland aktuell weit
entfernt, auch wenn sich der Trend umgekehrt hat: Im September hatte
die jährliche Inflationsrate in Europas größter Volkswirtschaft mit
1,6 Prozent den tiefsten Stand seit Februar 2021 erreicht. Einen
Monat später trieben überdurchschnittliche Preissteigerungen bei
Dienstleistungen und Nahrungsmitteln die Rate auf 2,0 Prozent. Hohe
Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie
sich dann für einen Euro weniger leisten können.

Preistreiber Lebensmittel und Dienstleistungen

Inflationstreiber waren auch im November die Preise für Lebensmittel
und Dienstleistungen. Für Nahrungsmittel mussten Verbraucher 1,8
Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Damit schwächte sich hier der
Preisauftrieb etwas ab. Überdurchschnittlich teurer wurde eine für
alle Plätzchenbäckerinnen und -bäcker in der Adventszeit wichtige
Zutat: Butter kostete teilweise über 40 Prozent mehr als ein Jahr
zuvor, wie statistische Landesämter berichteten. Dienstleistungen wie
Gaststättenbesuche, Pauschalreisen oder Autoreparatur verteuerten
sich im November wie schon im Vormonat um 4,0 Prozent.

Energie billiger

Günstiger als ein Jahr zuvor waren Tanken und Heizen: Insgesamt
verbilligte sich Energie gegenüber November 2023 um 3,7 Prozent. Im
Oktober lagen die Preise für diese Produkte allerdings sogar um 5,5
Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats, im September waren es
7,6 Prozent. Somit dämpfte die Preisentwicklung bei Energie die
Inflationsrate weniger stark als in den Monaten zuvor.

Ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel
errechneten die Statistiker für November eine Inflationsrate von 3,0
Prozent. Diese Kerninflation bildet die grundlegende Teuerung ab und
stellt den Inflationstrend nach Meinung vieler Ökonomen besser dar
als die Gesamtrate.

Vorübergehend höhere Inflationsraten

Nach Einschätzung der Bundesbank müssen sich die Menschen in
Deutschland bis ins neue Jahr hinein vorübergehend auf etwas höhere
Inflationsraten einstellen. 2023 waren zum Jahresende sowohl die
Energiepreise als auch die Preise für Reisen deutlich gesunken -
diese dämpfenden Basiseffekte entfallen nun.

«Zu Beginn des neuen Jahres wirken zudem Sondereffekte
preiserhöhend», erläutert die Bundesbank in ihrem aktuellen
Monatsbericht. Dazu zählten die Preisanhebung beim Deutschlandticket
und wohl auch kräftige Anhebungen der Tarife für private
Krankenversicherungen. Zudem werde das deutliche Lohnwachstum aus dem
laufenden Jahr die Teuerung bei Dienstleistungen hoch halten. Ökonom
Becker von Deutsche Bank Research glaubt, dass sich die
Inflationsrate 2025 bei rund 2,2 Prozent einpendelt. 

Wie reagiert die EZB?

Obwohl die Inflationsraten auch im Euroraum zuletzt wieder etwas
angezogen haben, dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) nach
Überzeugung vieler Volkswirte Mitte Dezember die Leitzinsen im
Euroraum weiter senken - und auch in den Monaten danach. Denn in der
Eurozone ist ebenfalls die große Inflationswelle vorüber. Die EZB
erwartet, dass sie ihr Inflationsziel von mittelfristig zwei Prozent
im Euroraum 2025 nachhaltig erreicht. Zudem macht die schwache
Konjunktur im Euroraum den Währungshütern Sorgen. 

Zuletzt warnten EZB-Direktorin Isabel Schnabel und
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel vor zu schnellen Zinssenkungen.
Die Zollpläne des designierten US-Präsidenten Donald Trump könnten
sich auch hierzulande in höherer Inflation niederschlagen, meint
Nagel. ING-Ökonom Carsten Brzeski meint, der jüngste Anstieg der
Inflationsrate in Deutschland sei eine gute Nachricht für die
Befürworter einer strengen Geldpolitik.

Niedrigere Zinsen helfen der Konjunktur. Firmen und Privatleute
kommen tendenziell günstiger an frisches Geld, um zu investieren und
zu konsumieren. Hauptziel der EZB sind stabile Preise und somit eine
stabile Währung im Euroraum.