Georgien will bis 2028 nicht mit EU verhandeln
28.11.2024 19:03
Die Europäische Union verfolgt den europakritischen Kurs der Führung
in Georgien schon länger skeptisch. Nun zieht Tiflis seinerseits den
Stecker für weitere Gespräche.
Tiflis (dpa) - Die Kluft zwischen der EU und dem Beitrittskandidaten
Georgien im Südkaukasus vertieft sich. Georgien werde bis Ende 2028
nicht über einen Beitritt verhandeln, sagte Ministerpräsident Irakli
Kobachidse von der nationalkonservativen Regierungspartei Georgischer
Traum. «Außerdem werden wir bis Ende 2028 keine Haushaltszuschüsse
der Europäischen Union annehmen», sagte er nach Medienberichten in
Tiflis (Tbilissi).
Kobachidse nannte die Brüsseler Anforderungen an Beitrittsgespräche
eine Erpressung, der sich Georgien nicht aussetzen wolle. Die
Integration sei ein beidseitiger Akt, keine milde Gabe aus Brüssel,
sagte er. Er kritisierte auch eine Resolution des Europaparlaments zu
Georgien. Darin wurde gefordert, das Ergebnis der Parlamentswahl von
Ende Oktober mit dem offiziell erklärten Sieg der Partei Georgischer
Traum nicht anzuerkennen.
Proeuropäischer Protest
Die Absage der Regierung an EU-Beitrittsverhandlungen brachte in der
Hauptstadt Tiflis sofort Tausende Demonstranten auf die Straße. Sie
blockierten abends in der Nähe des Parlaments die Hauptstraße
Rustaweli-Prospekt. Die proeuropäische Präsidentin Salome
Surabischwili warf der Regierung einen «konstitutionellen Putsch»
vor. «Heute ist das Ende eines Weges, der in Europa begonnen hat und
nach Russland führt», sagte sie. Georgien werde seine Unabhängigkeit
an Russland verlieren, warnte sie.
Die frühere Sowjetrepublik Georgien hat im Dezember 2023 gemeinsam
mit der Ukraine und der Republik Moldau den Status eines
EU-Beitrittskandidaten erhalten. Das Verhältnis hat sich aber rapide
verschlechtert, weil die Regierungspartei zunehmend europakritisch
agiert und angeblichen ausländischen Einfluss im Land beschränken
will. Die angestrebte Kontrolle über die Zivilgesellschaft ähnelt
dabei den Methoden in Russland. Auch Brüssel hat deshalb die
Annäherung auf Eis gelegt. Die Opposition will am Europakurs
festhalten. Sie wirft der Regierung vor, ihr Wahlsieg sei nur durch
Manipulation erreicht worden.