EVP: Verbrenner-Aus umkehren, aber Klimaziele einhalten Von Marek Majewsky, dpa

11.12.2024 14:13

Die größte Fraktion im EU-Parlament spricht sich für eine Wende beim

sogenannten Verbrenner-Verbot aus: Neuwagen mit Verbrennungsmotor
sollen auch nach 2035 in der EU zugelassen werden.

Brüssel (dpa) - Die mit Abstand größte Fraktion im EU-Parlament will

das sogenannte Verbrenner-Aus rückgängig machen. Die EU-Klimaziele
sollen aber weiter eingehalten werden, heißt es in einem
Positionspapier des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP, zu dem auch CDU und
CSU gehören. Die Bundesregierung hatte sich schon vor mehr als
eineinhalb Jahren auf Drängen der FDP dafür eingesetzt, dass es
Ausnahmen für sogenannte E-Fuels geben soll. 

Das geplante Verbot von Verbrennungsmotoren sollte rückgängig
gemacht, um Technologieneutralität zu gewährleisten, steht in dem
Papier. Bei der Überarbeitung der entsprechenden EU-Regeln sollen
unter anderem E-Fuels anerkannt werden. «Wir brauchen alle
Technologien, auch solche, die derzeit möglicherweise noch gar nicht
entwickelt sind. Das für 2035 geplante Verbrennerverbot muss deshalb
zurückgenommen werden», teilte der für das Thema in der EVP-Fraktion

zuständige Abgeordnete Jens Gieseke (CDU) mit.

Die EU hat eigentlich beschlossen, dass ab 2035 nur noch Neuwagen
zugelassen werden sollen, die im Betrieb kein klimaschädliches CO2
ausstoßen. E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, mit denen
Verbrennungsmotoren theoretisch klimaneutral betrieben werden können.
Sie sind aber verhältnismäßig teuer und werden etwa im Luftverkehr
dringend gebraucht. Denn es ist schwieriger, Flugzeuge im großen Stil
elektrisch zu betreiben als Autos.

EU-Kommission müsste Änderung vorschlagen

Die nötigen Änderungen für eine Abkehr vom sogenannten Verbrenner-Aus

müsste die EU-Kommission unter Führung von Ursula von der Leyen
vorschlagen. Die Behörde kann als einzige EU-Institution Gesetze und
Änderungen an bestehenden Gesetzen vorschlagen. Zudem braucht es im
Europaparlament und unter den EU-Staaten eine ausreichende Mehrheit. 

Die deutsche Spitzenpolitikerin von der Leyen hatte Mitte Juli für
den Fall ihrer Wiederwahl einen entsprechenden Vorstoß in Aussicht
gestellt. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sei ein
technologieneutraler Ansatz erforderlich, bei dem synthetischen
Kraftstoffe eine Rolle spielten, hieß es in politischen Leitlinien
der CDU-Politikerin. 

«Die Politik der Konservativen führt zu Chaos, Verunsicherung und
schadet dem Automobilstandort Deutschland und Europa», kritisierte
der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss das EVP-Papier. Statt
eines jahrelangen Gezerres brauche es Klarheit und
Investitionssicherheit. Ähnlich äußerte sich die Umweltorganisation
Greenpeace. 

EVP: Klimastrafen für Autobauer vermeiden

Darüber hinaus spricht sich die EVP in ihrem Positionspapier dafür
aus, dass mögliche EU-Klimastrafen in Milliardenhöhe für Autobauer
vermieden werden sollen. Dies könne etwa dadurch erreicht werden,
dass die Einhaltung der Vorschriften auf der Grundlage eines
Dreijahresdurchschnitts bewertet werde. 

Wer die Vorgaben im Jahr 2025 nicht einhält, könnte das also
beispielsweise mit der Übererfüllung der Vorgaben im Jahr 2026
ausgleichen. Für ein ähnliches Vorgehen hatte sich auch
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) offen gezeigt.

Nach derzeitiger EU-Gesetzeslage drohen Geldbußen für Autohersteller,
wenn sie die sogenannten Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß
überschreiten. Die Grenzwerte sollen 2025 strenger werden. Für zu
viel ausgestoßenes CO2 müssen Hersteller Strafe zahlen. «Niemand will

Strafzahlungen in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation»,
sagte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Auf der anderen Seite
dürfe aber keinesfalls das Signal ausgesendet werden, dass
Klimaschutz nicht mehr wichtig sei. 

Autoindustrie unter Druck

Mit ihren Forderungen will die EVP der angeschlagenen Autoindustrie
helfen. Hersteller stehen vor großen Herausforderungen. Die gesamte
deutsche Autoindustrie kämpft mit schwachen Absatzzahlen,
insbesondere bei E-Autos. Aber auch bei anderen Antriebsarten sehen
die Zahlen nicht rosig aus.

Deutschlands Schlüsselindustrie mit rund 770.000 Beschäftigten sieht
sich zudem mit wachsender Konkurrenz aus China konfrontiert. Nach dem
Wahlsieg von Donald Trump in den USA könnten zudem neue Zölle das
Geschäft auf dem wichtigsten Auslandsmarkt der deutschen
Autoindustrie erschweren. 

Um den Absatz nachhaltiger Fahrzeuge anzukurbeln, sollten die
EU-Mitgliedstaaten nach Vorstellung der EVP Förderprogramme wie etwa
Mehrwertsteuerermäßigungen oder subventioniertes Leasing einführen.