EU-Staaten einigen sich auf neue Sanktionen gegen Russland Von Ansgar Haase, dpa
11.12.2024 17:11
Droht wegen der russischen «Schattenflotte» eine Ölpest in der
Ostsee? Anrainerstaaten und Umweltschützer sehen erhebliche Risiken.
Die EU will jetzt handeln.
Brüssel (dpa) - Die EU-Staaten haben sich wegen des anhaltenden
russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf ein neues Paket mit
Sanktionen verständigt. Mit den geplanten Straßmaßnahmen soll vor
allem schärfer gegen die sogenannte russische Schattenflotte für den
Transport von Öl und Ölprodukten vorgegangen werden, wie mehrere
Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur sagten.
Plan ist es demnach, mehr als 50 weiteren Schiffen das Einlaufen in
Häfen in der EU zu verbieten. Zudem sollen sie nicht mehr von
Dienstleistungen europäischer Unternehmen profitieren können. In
einem ersten Schritt hatte die EU im Juni bereits rund zwei Dutzend
Schiffe auf eine entsprechende Schwarze Liste gesetzt.
Zudem ist im Rahmen des mittlerweile 15. Sanktionspaktes vorgesehen,
Handelsbeschränkungen gegen mehr als 30 weitere Akteure zu verhängen,
die nach EU-Erkenntnissen Verbindungen zum Verteidigungs- und
Sicherheitssektor Russlands unterhalten oder diesen anderweitig
unterstützen. Darunter sollen erneut auch welche mit Sitz in China
sein, die zum Beispiel an der Herstellung von Drohnen für den
russischen Krieg gegen die Ukraine beteiligt sind. Auch ist nach
Angaben der derzeitigen ungarischen EU-Ratspräsidentschaft geplant,
gegen etliche weitere Personen Einreiseverbote und Vermögenssperren
zu erlassen.
Spitzenvertreter der EU-Institutionen zeigten sich erfreut über die
Verständigung der Mitgliedstaaten. «Dies wird Putins
Kriegsmaschinerie weiter schwächen», kommentierte die
EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas zu dem Sanktionsdeal.
Europaparlamentspräsidentin Roberta Metsola schrieb: «Dies sendet ein
weiteres starkes Signal: Unsere Unterstützung für die Ukraine wird
nicht nachlassen.»
Die im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten erzielte
Einigung muss nun noch formell bestätigt werden. Dies soll am
kommenden Montag bei einem Treffen der Außenminister der
Mitgliedstaaten in Brüssel geschehen. Anschließend können die
beschlossenen Strafmaßnahmen im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden
und in Kraft treten.
Umweltschützer warnen vor Ölpest
Bei den Sanktionen gegen die Schiffe geht es vor allem um
wirtschaftliche Aspekte, aber auch um den Umweltschutz. Russland wird
seit langem vorgeworfen, zur Umgehung eines westlichen Preisdeckels
für russische Ölexporte in Drittstaaten auf Schiffe zu setzen, die
nicht in der Hand westlicher Reedereien oder von westlichen
Versicherungen versichert worden sind.
Nach Ansicht von Experten gibt es dabei große Risiken für die
Schifffahrt und die Umwelt. Sie weisen zum Beispiel darauf hin, dass
viele Tanker überaltert seien, technische Mängel hätten und zeitweise
ohne automatisches Identifizierungssystem unterwegs seien.
Ostseeanrainer wie Schweden und Umweltschutzorganisationen wie
Greenpeace fordern deswegen schon seit Monaten ein schärferes
Vorgehen gegen beteiligte Schiffseigentümer, Betreiber und
Versicherungsgesellschaften.
Greenpeace verweist dabei darauf, dass auch die gesamte deutsche
Ostseeküste durch die Tanker bedroht werde. Nach Zahlen der
Umweltschutzorganisation sind mehr als 170 Schiffe der russischen
Schattenflotte in den vergangenen zwei Jahren einmal oder öfter durch
die deutsche Ostsee und das Seegebiet der Kadetrinne in der
Mecklenburger Bucht gefahren.
Umstrittene Ausnahmeregelungen
Streit gab es vor der politischen Einigung auf das Sanktionspaket
unter anderem darüber, wie lange europäische Unternehmen mit
Geschäftsbeziehungen nach Russland noch von Ausnahmeregelungen für
bestimmte, eigentlich verbotene Exporte und Importe profitieren
können sollten, um sich geordnet aus dem russischen Markt
zurückziehen zu können. Länder wie Lettland und Litauen konnten sich
dabei nach Angaben von Diplomaten nicht mit Forderungen nach einem
schnellen Auslaufen der geltenden Ausnahmeregelungen durchsetzen.
Weiteres Sanktionspaket könnte zum Jahrestag kommen
Das bislang letzte Paket der EU mit Russland-Sanktionen war im Juni
beschlossen worden. Es umfasste vor allem Maßnahmen gegen
milliardenschwere Geschäfte mit Flüssigerdgas (LNG) und Unternehmen,
die an der Umgehung von Sanktionen beteiligt sind. Ein weiteres
EU-Paket mit Russland-Sanktionen soll es nach derzeitigen Plänen im
kommenden Februar zum dritten Jahrestag des von Kremlchef Wladimir
Putin angeordneten Kriegs gegen die Ukraine geben.