Slowakei droht mit Maßnahmen gegen ukrainische Flüchtlinge

03.01.2025 05:00

Dass die Ukraine kein russisches Gas mehr durchleitet, erzürnt den
slowakischen Regierungschef. Die ihm wohlgesonnene Führung in Moskau
sagt, wen sie für Gewinner und Verlierer des Transitstopps hält.

Bratislava/Moskau/Kiew (dpa) - Aus Ärger über den Transitstopp der
Ukraine für russisches Gas droht die slowakische Regierung mit einer
schlechteren Behandlung ukrainischer Flüchtlinge. Er werde in seiner
Koalition darüber sprechen, die Unterstützung für Ukrainer in der
Slowakei einzuschränken, sagte der linkspopulistische
Ministerpräsident Robert Fico in Bratislava. Einzelheiten nannte er
nicht. Zugleich wiederholte der als russlandfreundlich bekannte
Regierungschef die Drohung, die Slowakei könnte Stromlieferungen in
die benachbarte Ukraine einstellen.

Die von Moskau mit Krieg überzogene Ukraine hat mit dem Jahreswechsel
den Vertrag mit dem russischen Energieriesen Gazprom über die
Durchleitung von russischem Gas nach Westen auslaufen lassen.
Betroffen ist unter anderem die benachbarte Slowakei, auch wenn die
EU-Länder nach Angaben der Europäischen Kommission insgesamt
vorbereitet sind auf den lange angekündigten Schritt.

Fico: Slowakei verliert 500 Millionen Euro jährlich

Die Slowakei verliere durch den Stopp 500 Millionen Euro
Transitgebühren jährlich, weil auch sie kein russisches Gas mehr
durchleiten könne, sagte Fico in einem auf Facebook veröffentlichten
Video. Sein Land verlange eine Entschädigung. Fico rechnete vor, dass
die EU-Staaten ohne russisches Gas 60 bis 70 Milliarden Euro im Jahr
mehr bezahlen müssten in Form höherer Gas- und Strompreise.

Der Slowake warf dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj
Sabotage vor. «Russland macht das praktisch nichts aus. Nur die
Vereinigten Staaten werden profitieren von Präsident Selenskyjs
Entscheidung wegen erhöhter Gasexporte nach Europa», sagte Fico. Die
Slowakei werde zuerst in Brüssel über Lösungen beraten, dann
innerhalb der Koalition. 

Fico ist ein Kritiker der Ukraine-Politik des Westens. Vor
Weihnachten löste er mit einem Besuch bei Kremlchef Wladimir Putin in
Moskau Empörung in der Ukraine und anderen EU-Ländern aus, die sich
um eine geschlossene Front gegen den Aggressor Russland bemühen.

Russland: Europäer verlieren - USA gewinnen

Das russische Außenministerium bezeichnete indes die europäischen
Verbraucher als Verlierer des Gastransitstopps. Es werde nicht nur
das wirtschaftliche Potenzial der EU wegen hoher Energiepreise
geschwächt, sondern auch negative Auswirkungen auf das Leben der
Europäer geben, sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa.

Wichtigster Nutznießer wiederum seien die USA als «Kriegssponsor»,
die nicht zuletzt wegen der gesprengten Ostseepipelines Nord Stream 1
und 2 ihr Gas zu höheren Preise nach Europa verkaufen könnten. Vor
allem die deutsche Wirtschaft, die lange von vergleichsweise
günstigen Gaslieferungen aus Russland profitiert habe, sei zum Opfer
der USA geworden, sagte Sacharowa.

Experten gehen davon aus, dass Gazprom umgerechnet rund fünf
Milliarden Euro an Einnahmen verliert durch den Transitstopp.
Allerdings erwarten Analysten auch, dass zumindest ein Teil über
größere Lieferungen durch die im Schwarzen Meer verlegten
Gasleitungen TurkStream und Blue Stream ausgeglichen wird. Der
Ukraine wiederum gehen Hunderte Millionen an Transitgebühren verloren
durch die gestoppte Durchleitung.

CDU-Mann für Entsendung deutscher Soldaten in Ukraine

Währenddessen hält die Diskussion an, wie der russisch-ukrainische
Krieg beendet und ein Wiederaufflammen des Konflikts verhindert
werden kann. Der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter
befürwortet einen Einsatz von Bundeswehrsoldaten in der Ukraine nach
Kriegsende. «Als wirtschaftsstärkstes Land in Europa muss Deutschland
bereit sein, einen großen Beitrag zur Friedenssicherung und zur
europäischen Sicherheitsarchitektur zu leisten», sagte er der «Neuen

Osnabrücker Zeitung». Deutschland sei daher verpflichtet, sich «zu
gegebener Zeit mit robust ausgestatteten Truppen» in der Ukraine zu
engagieren. Das auszuschließen, sei fahrlässig.

Das deutsche Engagement müsse im Rahmen von EU und Nato stattfinden,
sagte Kiesewetter. «Effizient und angesichts unserer begrenzten
materiellen und personellen Ressourcen in Europa realistisch ist eine
Friedenstruppe dann, wenn die Friedenssicherung in die europäische
und transatlantische Sicherheitsarchitektur und somit in die Nato
eingepreist werden kann, da dann ebenfalls der nukleare Schutzschirm
für die Ukraine gilt.»