Fast die Hälfte des Stroms in EU aus Erneuerbaren
23.01.2025 15:46
2050 will die EU klimaneutral sein - dazu braucht es auch Veränderung
bei der Energie. Ein Bericht zeigt, dass Solarkraft immer mehr
genutzt wird. An anderer Stelle geht es weniger steil bergauf.
Brüssel (dpa) - Der Anteil fossiler Energien am Strommix in der
Europäischen Union ist im vergangenen Jahr einer Analyse zufolge so
klein wie noch nie gewesen. So fiel der Anteil des durch Kohle
erzeugten Stroms auf unter 10 Prozent, wie aus einem Bericht der
Denkfabrik Ember hervorgeht. Stromerzeugung aus Gas ging demnach das
fünfte Jahr in Folge zurück und hatte 2024 noch einen Anteil von
knapp 16 Prozent. Zusammen mit anderen Energieträgern wie Öl oder
Müll machten fossile Brennstoffe etwa 29 Prozent der Stromerzeugung
in der EU aus.
Der Analyse zufolge kommt dafür in der EU immer mehr Strom aus
erneuerbaren Energien - 2024 mit 47,5 Prozent knapp die Hälfte. So
wurden demnach im vergangenen Jahr gut 11 Prozent des Stroms aus
Solarenergie gewonnen, gut 17 Prozent kamen aus Windkraft.
Stromerzeugung aus Sonnenkraft nehme in allen EU-Ländern zu, teilte
Ember mit. Auch Wasserkraft sowie aus Biomasse gewonnene Energie
tragen zum Anteil Erneuerbarer bei. Atomkraft hatte 2024 einen Anteil
von fast 24 Prozent am Strommix.
«Fossile Brennstoffe verlieren Einfluss»
«Fossile Brennstoffe verlieren ihren Einfluss auf die
Energieversorgung der EU», sagte Chris Rosslowe von Ember. «Beim
Start des europäischen Green Deals im Jahr 2019 hätten nur wenige
gedacht, dass die Energiewende in der EU so weit fortgeschritten sein
könnte.» Für den Bericht analysierten die Autoren Daten zur
Stromerzeugung und -nachfrage in allen 27 EU-Ländern.
Zwar sei die Energiewende in der Staatengemeinschaft in den letzten
fünf Jahren schneller vorangekommen als irgendjemand erwartet habe,
so Rosslowe weiter. Weitere Fortschritte seien aber nicht
selbstverständlich. «Die Umsetzung muss beschleunigt werden,
insbesondere im Windsektor, der mit besonderen Herausforderungen und
einer wachsenden Umsetzungslücke zu kämpfen hat.» Denn während vor
allem bei der Solarenergie ein großer Zuwachs (plus 21,7 Prozent) zu
erkennen ist, stagniert der Anteil der Windkraft nahezu: Laut Ember
war 2024 im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 1,5 Prozent zu
verzeichnen.
Windenergieverband kritisiert lange Genehmigungsverfahren
Aus Sicht des Verbands WindEurope sind lange Genehmigungsverfahren
nach wie vor ein zentrales Hindernis für den Ausbau. Zwar gebe es
verbindliche neue EU-Genehmigungsvorschriften - diese hätten viele
Länder aber noch nicht in nationales Recht umgesetzt, kritisierte der
Verband Anfang des Monats.
EU-weit seien im vergangenen Jahr ersten Schätzungen zufolge rund 13
Gigawatt (GW) neu gebaut worden. Nötig seien allerdings 30 GW pro
Jahr, um das Ausbauziel der Staatengemeinschaft bis 2030 zu
erreichen, hieß es.
Deutschland ist bei Windkraft Musterschüler
Vor allem für Deutschland gab es aber Lob: Mit Genehmigungen für fast
15 GW Windenergie an Land sei ein nationaler Rekord erreicht worden.
«Die Regierungen müssen dem deutschen Beispiel folgen, wenn es ihnen
mit der Energiesicherheit und der industriellen Wettbewerbsfähigkeit
ernst ist», teilte der Verband mit.
Zahlen der Bundesnetzagentur von Anfang Januar zufolge ist die in
Deutschland installierte Kapazität an erneuerbaren Energien im
vergangenen Jahr um 12 Prozent auf knapp 190 GW gestiegen. Demnach
seien fast 20 GW neu installiert worden, das Wachstum entfalle vor
allem auf die Energieträger Wind und Solar. Bundeswirtschaftsminister
Robert Habeck (Grüne) sagte, die erneuerbaren Energien übernähmen
mittlerweile die Hauptaufgabe bei der Stromerzeugung in der
Bundesrepublik. «Gleichzeitig haben wir so wenig Kohle verstromt wie
seit Jahrzehnten nicht mehr.»
EU will klimaneutral werden
Der Green Deal ist ein Maßnahmen- und Gesetzespaket aus der
vergangenen Legislaturperiode in der EU, das unter anderem für einen
drastischen Rückgang der Treibhausgasemissionen sorgen soll. Ziel
ist, dass die Staatengemeinschaft bis 2050 klimaneutral wird - also
nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden
können. Das Gesetzespaket umfasst neue Vorgaben in Bereichen wie
Energie, Verkehr, Industrie oder Landwirtschaft. Nachdem in der
Vergangenheit der Großteil der neuen Vorschriften auf den Weg
gebracht wurde, geht es nun hauptsächlich um die Umsetzung.
Die Bemühungen der EU, wegen Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine
unabhängig von Gas aus Russland zu werden, haben die Dringlichkeit
des Ausbaus der erneuerbaren Energiequellen in der
Staatengemeinschaft weiter verstärkt.