Tiktok, Meta und X: EU-Kommission testet Krisenfestigkeit
24.01.2025 15:16
Wie sehr können Online-Plattformen eine Wahl beeinflussen? Kurz vor
der Bundestagswahl geht man dem in Brüssel auf den Grund.
Brüssel (dpa) - Knapp einen Monat vor der Bundestagswahl organisiert
die EU-Kommission gemeinsam mit den deutschen Behörden einen
Stresstest für große Online-Plattformen. Dabei würden mögliche
Szenarien durchgespielt, um zu prüfen, wie sie darauf reagieren
würden, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Es geht dabei unter
anderem um die Eindämmung von Hassrede und Desinformation. Details zu
den Szenarien wurden zunächst nicht genannt.
Die Übung, die am 31. Januar stattfinden soll, wird nach Angaben des
Sprechers von der Bundesnetzagentur unterstützt und knüpft an
ähnliche Tests vor den Europawahlen an. Teilnehmen sollen etwa
Microsoft, Tiktok, Google, Meta und X.
Vor allem angesichts der Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump
wird diskutiert, wie die EU mit großen Technologie-Unternehmen
umgehen soll. Die Chefs der großen amerikanischen Tech-Konzerne
hatten bei Trumps Amtseinführung Ehrenplätze bekommen. Ihre Nähe
scheint sich auszuzahlen: Trump hatte in Davos EU-Strafen gegen
US-Tech-Unternehmen kritisiert. Eine Frage im Raum ist, wie hart die
EU künftig gegen die Unternehmen vorgeht, um europäisches Recht
durchzusetzen.
Verfahren gegen X und mögliche Strafen
Gegen die Plattform X des US-Milliardärs Elon Musk laufen auf
EU-Ebene bereits mehrere Verfahren wegen mutmaßlicher Verstöße gegen
den Digital Services Act (DSA). Mit dem Gesetz soll sichergestellt
werden, dass etwa konsequent gegen Hassrede vorgegangen wird. Halten
sich die Plattformen nicht daran, drohen empfindliche Strafen -
darunter Geldbußen in Höhe von sechs Prozent des gesamten weltweiten
Jahresumsatzes.
Europaabgeordnete verschiedener Parteien forderten zuletzt immer
wieder eine härtere Durchsetzung des DSA. Doch der Jurist Matthias
Kettemann vom Hamburger Leibnitz-Institut für Medienforschung sieht
die EU-Kommission durch politische Faktoren gehemmt: «Die neue
Kommission müsste sich jetzt richtig aktiv einsetzen. Aber bei der
Kommission sehe ich da eine substanzielle interne Blockade mit Blick
auf Trump.» Es werde erst geschaut, was er macht.
Unterschiedliche Strategien der Plattformen
Aus Sicht von Kettemann setzen vor allem Musk und Mark Zuckerberg -
dem Meta gehört - darauf, dass Trump ihnen im Weißen Haus politisch
den Rücken stärkt und agieren «quasi von oben herab». Im Gegensatz
dazu würden sich etwa chinesische Plattformen kooperativer zeigen:
Tiktok und auch Temu würden zwar vieles falsch machen und Bürger und
Konsumenten in Gefahr bringen. «Aber sie sind zumindest daran
interessiert, eine eigene Arbeitsbeziehung mit der Kommission
aufrechtzuerhalten, weil sie den europäischen Markt erst noch richtig
erobern wollen.»