Nach Sturz von Assad: EU will Syrien-Sanktionen lockern

27.01.2025 20:50

Nach dem Sturz von Langzeit-Machthaber Baschar al-Assad steht die EU
vor der Frage, wie es mit den scharfen Wirtschaftssanktionen
weitergeht. Nun gibt es eine Entscheidung der Außenminister.

Brüssel (dpa) - Die Außenminister der EU-Staaten haben nach dem Sturz
von Langzeitherrscher Baschar al-Assad in Syrien eine schrittweise
Lockerung von Sanktionen gegen das Land gebilligt. Das bei einem
Treffen in Brüssel vereinbarte Vorgehen sieht vor, den neuen
Machthabern Anreize zu geben, eine echte Demokratie in Syrien
aufzubauen. Dabei besteht auch die Hoffnung, dass Hunderttausende
syrische Flüchtlinge in der EU eines Tages in ihre Heimat
zurückkehren können.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sagte nach dem Treffen, die
Lockerungen sollten den Wiederaufbau erleichtern und Syrien helfen,
wieder auf die Beine zu kommen. Zugleich betonte sie, der Plan
beinhalte auch, Lockerungen wieder rückgängig zu machen, wenn die
neuen Machthaber Schritte einleiten, die aus EU-Sicht in die falsche
Richtung gehen.

Baerbock kündigt Millionenhilfe an

Zu den Sanktionen, die aufgehoben werden sollen, gehören nach Angaben
von EU-Beamten vor allem Maßnahmen, die die Energieversorgung negativ
beeinträchtigen und den Personen- und Warenverkehr erschweren. Zudem
sind auch Lockerungen für den Bankensektor geplant.

Die Übergangsregierung in Syrien begrüßte die Entscheidung und sprach

von einem «positiven Schritt». Man hoffe, dass die zunächst für ein

Jahr aufgehobenen Sanktionen dauerhaft beendet würden, teilte
Außenminister Asaad al-Schaibani mit. «Wir hoffen, dass diese
Entscheidung für das syrische Volk einen konstruktiven Einfluss auf
alle Lebensbereiche haben und nachhaltige Entwicklung sicherstellen
wird.»

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach in
Brüssel von einer guten Nachricht für die Menschen in Syrien, aber
auch für die Europäerinnen und Europäer. Sie betonte, dass die
«Sanktionen gegen den mörderischen Assad-Clan und seine Schergen»
weiter in Kraft bleiben würden. Deutschland wird ihren Angaben
zufolge weitere drei Millionen Euro für die Arbeit des
UN-Hochkommissars für Menschenrechte in Syrien bereitstellen.

Siemens-Kraftwerk könnte profitieren 

Als ein Beispiel für ein Unternehmen, das von Sanktionslockerungen
profitieren könnte, nannte Baerbock ein Siemens-Kraftwerk zur
Stromerzeugung, das wegen der Strafmaßnahmen seit Jahren nicht mehr
mit Unterstützung aus Deutschland gewartet werden konnte.

Die EU hatte ab 2011 als Reaktion auf das gewaltsame Vorgehen der
Regierung von Baschar al-Assad gegen die Zivilbevölkerung Sanktionen
gegen Syrien verhängt. Diese richteten sich auch gegen
Wirtschaftssektoren, von denen der Machtzirkel um Assad profitierte. 

Zu den EU-Maßnahmen zählt ein Verbot von Investitionen in die
syrische Ölindustrie und in Unternehmen, die an der Errichtung von
Kraftwerken zur Stromerzeugung in Syrien beteiligt sind. Zudem
umfasst das Sanktionspaket ein Einfuhrverbot für Rohöl aus Syrien,
ein Waffenembargo sowie weitere Ausfuhrbeschränkungen. Auch die
syrische Fluggesellschaft Syrian Arab Airlines unterliegt Sanktionen.