Bericht: Deutschland zentral bei russischen LNG-Importen

28.01.2025 17:42

Gegen fossile Energieträger wie Kohle und Öl aus Moskau gibt es
Sanktionen in der EU. Erdgas lässt die Ukraine nicht mehr durch.
Russisches Flüssiggas rauscht aber weiter durch die Leitungen.

Brüssel (dpa) - Bei der Einfuhr von Flüssigerdgas aus Russland in die
EU spielt Deutschland einer Analyse zufolge weiterhin eine zentrale
Rolle. Wie aus einem Bericht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und
anderen Organisationen hervorgeht, importierte das bundeseigene
Energieunternehmen Sefe im vergangenen Jahr mehr als sechsmal so viel
Flüssigerdgas (LNG) in die Europäische Union wie noch 2023. Grundlage
dafür sind Daten des Rohstoffanalyseunternehmens Kpler. Demnach kamen
5,66 Milliarden Kubikmeter von Sefe aus Russland importiertes
Flüssigerdgas im französischen Dünkirchen am Ärmelkanal an.

Mehr russisches LNG in EU eingeführt

Angaben der EU-Kommission zufolge wurden 2024 insgesamt 20 Milliarden
Kubikmeter russisches LNG eingeführt - nach 18 Milliarden im Jahr
zuvor. Insgesamt wurden 2023 nach Angaben aus Brüssel mehr als 120
Milliarden Kubikmeter LNG in die EU eingeführt. Den Daten von Kpler
zufolge waren es 2024 knapp 22 Milliarden Kubikmeter aus Russland
nach 18,41 Milliarden Kubikmetern 2023. Das meiste Flüssigerdgas in
der EU kommt nach Angaben der EU-Kommission aus den USA.

LNG aus Moskau wird in EU weiter genutzt

Die größten LNG-Importeure in der EU sind nach Angaben der
EU-Kommission Frankreich, Spanien, die Niederlande, Belgien und
Italien. Von den Terminals in diesen Ländern wird das Gas in die
Leitungen eingespeist, vermischt sich mit dem vorhandenen Gas und
wird weiter transportiert - auch nach Deutschland.

Die EU hat zahlreiche Sanktionen gegen russische Energieträger wie
Kohle und Öl verhängt. Seit dem Jahreswechsel lässt die Ukraine auch

kein Erdgas mehr passieren und hat den Transit durch Pipelines über
ihr Staatsgebiet unterbunden. LNG aus Moskau wird aber weiterhin in
die Staatengemeinschaft eingeführt. Es sind etwa nur Investitionen in
LNG-Projekte, die in Russland im Bau sind, sowie Ausfuhren zugunsten
dieser Projekte untersagt. Auch dürfen EU-Häfen nicht zur
Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden. Zudem
ist die Einfuhr an bestimmten Terminals, die nicht an das
Gasfernleitungsnetz der EU angebunden sind, verboten.

Deutsches Unternehmen hat zentrale Rolle

Wegen eines laufenden Vertrags importiert das bundeseigene
Unternehmen Sefe (Securing Energy for Europe GmbH) daher auch weiter
LNG nach Frankreich. Da Europa keine Sanktionen gegen den Import von
russischem LNG nach Europa verhängt habe, gebe es derzeit keine
rechtliche Grundlage für die Kündigung oder Aussetzung eines
bestehenden Altvertrags zwischen einem russischen Lieferanten und
Sefe, teilte das Energieunternehmen auf Anfrage der Deutschen
Presse-Agentur mit. Selbst wenn Sefe das Gas nicht abnähme, müssten
die vereinbarten Mengen bezahlt werden. Die Nichtabnahme würde dem
Lieferanten ermöglichen, diese Mengen erneut zu verkaufen, was die
russische Wirtschaft unterstützen würde, hieß es. Zu Volumen mache
das Unternehmen keine Angaben.

Wie viel des nach Deutschland eingeführten Flüssiggases kommt aus
Russland?

Die von Sefe in Dünkirchen angenommenen LNG-Importe würden an zwei
Handelsplätzen in Frankreich und Belgien verkauft. «Sefe liefert kein
russisches LNG nach Deutschland oder hat versucht, es dorthin zu
liefern», teilte das Unternehmen weiter mit. Wie viel des in
Frankreich ankommenden LNGs letztlich in Deutschlands Leitungen
lande, ist nach Angaben Sefes nicht zu ermitteln. «Sobald die in
Dünkirchen angenommenen Moleküle in das europäische Gasnetz
eingespeist werden, können sie nicht mehr nachverfolgt werden. Wir
können daher auch keine Angaben dazu machen», teilte das Unternehmen
mit.

Die DUH sowie die Organisationen Urgewald, Razom We Stand (Ukraine)
und Bond Beter Leefmilieu (Belgien) gehen jedoch davon aus, dass der
Anteil russischen Flüssiggases über indirekte Importe via Frankreich
und Belgien an den gesamten deutschen Gasimporten im Jahr 2023
zwischen 3 und 9,2 Prozent lag. Dafür betrachteten sie die Gasflüsse
zwischen Frankreich, Belgien und Deutschland und berechneten
verschiedene Szenarien. «Die Unsicherheitsspanne in unseren
Ergebnissen ist auf die mangelnde Transparenz des EU-Gasbinnenmarktes
zurückzuführen, die eine Beschönigung des russischen Gases
ermöglicht», kritisieren die Autoren des Berichts. 

Da 2024 insgesamt mehr LNG aus Russland in die EU importiert wurde,
sei nicht anzunehmen, dass der Anteil russischen LNGs in Deutschland
geringer geworden sei, heißt es in dem Bericht. 

Sefe nach Russlands Angriff verstaatlicht

Das Unternehmen Sefe hieß früher Gazprom Germania, war eine Tochter
des russischen Staatskonzerns Gazprom und wurde als Folge des
russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der Energiekrise
verstaatlicht.