Fed zieht «Handbremse» - EZB steht vor weiterer Zinssenkung
30.01.2025 02:01
Während die EZB ihre Zinsen weiter senken dürfte, bleibt die
US-Notenbank vorsichtig - sehr zum Ärger von US-Präsident Trump, der
Zinssenkungen fordert.
Washington (dpa) - Nach der Zinspause der US-Notenbank Fed dürfte die
Europäische Zentralbank heute einen anderen Kurs einschlagen. Es wird
erwartet, dass die EZB die Leitzinsen erneut senkt. Es wäre die
fünfte Zinssenkung im Euroraum seit Mitte 2024. Der Beschluss wird um
14.15 Uhr verkündet. Volkswirte rechnen damit, dass die Notenbank den
richtungsweisenden Einlagenzinssatz um 0,25 Prozentpunkte auf 2,75
Prozent verringern und bis zum Sommer weiter nach unten setzen wird.
Fed hat es nicht eilig mit Zinssenkungen
Die Fed hatte am Mittwoch ihren Leitzins hingegen weiterhin auf hohem
Niveau in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent belassen. Es war die
erste Sitzung der Notenbank der größten Volkswirtschaft der Welt nach
Donalds Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus. Der Weg zur Senkung der
Inflationsrate sei «manchmal holprig», sagte Fed-Chef Jerome Powell.
Das bedeute auch, dass man es nicht eilig haben müsse, den
politischen Kurs zu ändern. Die Fed hatte zuvor dreimal in Folge den
Leitzins gesenkt.
«Die Fed zieht die Handbremse», wertet Thomas Gitzel, Chefvolkswirt
der VP Bank, das Vorgehen der Federal Reserve. Elmar Völker,
Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg, geht davon aus, dass
die Fed die Tür für eine Zinssenkung auf der nächsten Fed-Sitzung
Mitte März zwar nicht «gänzlich geschlossen» habe. «Hierfür bed
ürfte
es allerdings merklicher neuer Fortschritte beim Zurückdrängen der
Inflation, welche die Notenbanker jüngst offenbar nicht mehr
auszumachen vermochten.» Die Unsicherheit bezüglich möglicher
inflationstreibender Effekte durch Trumps Politik sei ein
zusätzliches Argument dafür, geldpolitisch erst einmal für einige
Zeit innezuhalten.
Trumps Politik schafft Unsicherheit
Trump, Verfechter einer Niedrigzinspolitik, ging direkt nach der
Fed-Entscheidung in den Angriffsmodus über. Die US-Notenbank habe es
nicht geschafft, «das Problem zu stoppen, das sie mit der Inflation
geschaffen» habe. Er habe vor, die Inflation zu senken, indem er die
«die amerikanische Energieproduktion entfessle, die Regulierung
abbaue, den internationalen Handel wieder ins Gleichgewicht bringe
und das amerikanische verarbeitende Gewerbe wieder ankurble», schrieb
der Republikaner auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social.
Trump hatte sich in seiner ersten Amtszeit wiederholt mit der Fed
angelegt und Powell heftig kritisiert. Der Fed-Chef vermied es in
einer Pressekonferenz, auf den US-Präsidenten und dessen
wirtschaftspolitische Pläne einzugehen. Trump plant zum Beispiel
weitreichende Importzölle auf Produkte aus Kanada, Mexiko oder China.
Fachleute gehen davon aus, dass dies die Inflation wieder anheizen
könnte. Er wolle es unterlassen, auch nur indirekt auf die
Auswirkungen von Zöllen einzugehen, betonte Powell. Es sei nicht
seine Aufgabe, ein solches Vorhaben zu loben oder zu kritisieren.
Inflation erweist sich als hartnäckig
Wie in den USA zogen die Verbraucherpreise im Euroraum zuletzt wieder
kräftiger an. Im Dezember stieg die Inflationsrate hier auf 2,4
Prozent - der höchste Stand seit Juli. Nach jüngster EZB-Prognose
wird sich die Inflation im Euroraum im laufenden Jahr aber im Bereich
der mittelfristig angepeilten Marke von 2,0 Prozent einpendeln. Für
die USA rechnet die Fed hingegen laut Dezember-Prognose mit einer
Teuerungsrate von durchschnittlich 2,5 Prozent.
Anders als in den USA schwächelt im Euroraum aber die Wirtschaft.
Hohe Zinsen verteuern Kredite und bremsen die Nachfrage. Das hilft
dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das
Wirtschaftswachstum. In den USA erweist sich Wirtschaft trotz der
Hochzinspolitik der Fed als erstaunlich robust. Deshalb kann es sich
die US-Notenbank - anders als wohl die EZB - leisten, nun erst einmal
abzuwarten.