Regierungskoalition in Norwegen zerbrochen

30.01.2025 16:00

Norwegen ist kein Mitglied der EU, mit ihr aber vor allem als
Wirtschaftspartner und Gaslieferant eng verbunden. Ein
EU-Energiemarktpaket sorgt nun für so viel Zoff, dass das die
Regierung sprengt.

Oslo (dpa) - Die Regierungskoalition in Norwegen ist im Streit über
die Umsetzung von EU-Verordnungen für den Energiemarkt zerbrochen.
Die bäuerliche Zentrumspartei als bisheriger Juniorpartner der
Sozialdemokraten von Ministerpräsident Jonas Gahr Støre tritt im Zuge
der Unstimmigkeiten aus der Regierung aus, wie der Parteichef und
bisherige Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum sowie Fraktionschefin
Marit Arnstad in Oslo verkündeten.

Das Aus der Koalition bedeutet nicht, dass Støres Zeit als
Ministerpräsident vorbei ist. Seine Sozialdemokraten können bis zur
nächsten Wahl alleine weiterregieren, müssen dafür aber acht
Ministerposten neu besetzen, die bislang Politiker der Zentrumspartei
innehatten. Man wolle, dass Støre trotz des Endes der Koalition
Regierungschef bleibe, sagte auch Arnstad. 

Kurz darauf ließ auch Støre selbst keinen Zweifel daran, dass er und
seine Sozialdemokraten alleine weitermachen werden. Im Laufe der
nächsten Woche wolle er die neuen Regierungsmitglieder vorstellen,
darüber habe er bereits König Harald V. informiert, sagte er auf
einer Pressekonferenz. Er betonte, dass er sich eine weitere gute
Zusammenarbeit mit der Zentrumspartei wünsche und es bei der Trennung
um Uneinigkeit in einer konkreten Sachfrage gehe. «Wir trennen uns
als politische Freunde», sagte Støre.

Bereits mit ihrem bisherigen Koalitionspartner hat Støres Partei seit
2021 eine Minderheitsregierung gebildet, die für Mehrheiten im
Parlament mit anderen Parteien zusammenarbeitete. Die nächste
Parlamentswahl soll im September stattfinden. Vorzeitige Neuwahlen
sieht die norwegische Verfassung nicht vor.

Zoff um EU-Paket

Støres Sozialdemokraten und Vedums Zentrumspartei haben seit längerem
über die Umsetzung eines 2019 verabschiedeten EU-Energiemarktpakets
mit dem Namen «Saubere Energie für alle Europäer» gestritten, das a
us
insgesamt acht Verordnungen und Direktiven besteht. Norwegen ist zwar
kein Mitglied der EU, mit ihr aber als Staat des Europäischen
Wirtschaftsraums (EWR) eng verbunden und noch dazu ihr wichtigster
Gaslieferant. Brüssel hat Oslo dazu gedrängt, das Paket als EWR-Staat
und naher EU-Partner ebenfalls umzusetzen.

Die Zentrumspartei lief gegen diese Umsetzung jedoch vehement Sturm.
Während Støre zumindest drei weniger umstrittene Direktiven des
Pakets in norwegisches Recht gießen wollte, war die EU-skeptische
Partei komplett dagegen und lehnte vor allem die Ausweitung der
Befugnisse der EU-Agentur für die Zusammenarbeit der
Energieregulierungsbehörden, kurz Acer, ab. Sie begründete diese
Haltung damit, dass das Paket Norwegens nationale Kontrolle über den
Energiesektor schwäche und eine engere Bindung an den EU-Energiemarkt
zu höheren Strompreisen führen könne.