Meloni kommt mit «Albanien-Modell» nicht an Justiz vorbei Von Christoph Sator, dpa

02.02.2025 11:19

Und Niederlage Nummer drei: Wieder blockiert ein Gericht in Rom einen
zentralen Plan der rechten Regierung. Das teure Vorhaben hat noch nie
funktioniert. Jetzt ist die europäische Justiz an der Reihe.

Rom/Bari (dpa) - Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni
kommt mit ihrem Plan zur schnellen Abschiebung von
Mittelmeer-Flüchtlingen in Lagern außerhalb der EU nicht voran. Nach
einer neuen Niederlage vor Gericht musste Italien wieder eine Gruppe
von Migranten aufnehmen, die zwischenzeitlich in Albanien interniert
waren.

Die 43 Männer aus Ägypten und Bangladesch wurden am Samstag über die

Adria mit einem Schiff der Küstenwache in die süditalienische
Hafenstadt Bari gebracht. Dort stehen ihnen jetzt Unterkünfte zur
Verfügung. Die endgültige Entscheidung über ihre Asyl-Anträge dür
fte
sich hinziehen. Somit hat Melonis «Albanien-Modell» trotz hoher
Kosten weiterhin kein einziges Mal funktioniert. 

Meloni will Vorhaben durchziehen

Am Freitagabend hatte ein Berufungsgericht in Rom geurteilt, dass die
Asylbewerber, die seit Mittwoch in einem von Italien betriebenen
Lager in Albanien einsaßen, in die EU dürfen. Für Melonis
Dreier-Koalition war dies bereits der dritte juristische Flop in
Folge. Trotzdem will die Vorsitzende der Rechtspartei Fratelli
d'Italia (Brüder Italiens) ihr Vorhaben durchziehen.

Bereits im Oktober und November hatten Richter verfügt, dass Italien
über Asylanträge nicht außerhalb der EU entscheiden darf. Die beiden

eigens errichteten Lager in Albanien stehen nun wieder leer. Unklar
ist, ob Meloni nochmals Flüchtlinge dorthin bringen lassen will,
bevor sich am 25. Februar der Europäische Gerichtshof (EuGH) äußert.

Im Kern geht es um die Einstufung der Heimatländer von Migranten in
sogenannte sichere Herkunftsstaaten. 

Ablehnung im Schnellverfahren unzulässig

Die 43 Männer hatten sich zusammen mit anderen Migranten in Libyen
auf den Weg nach Europa gemacht. Bevor sie in Italien an Land gehen
konnten, wurden sie jedoch von der italienischen Marine an Bord
genommen und nach Albanien gebracht. Dort lehnten italienische Beamte
alle Asylanträge im Schnellverfahren ab. Die Richter kippten diese
Entscheidungen jedoch. In sechs anderen Fällen durften Migranten
zuvor schon einreisen, aus unterschiedlichen Gründen.

Italien ist der erste Staat der Europäischen Union, der außerhalb der
EU Lager errichtet hat. Die Zukunft des «Albanien-Modells» wird von
anderen europäischen Regierungen genau verfolgt.
CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz nannte es in einem Interview
im vergangenen Jahr ein «Vorbild».

Mehr als 3.000 Neuankömmlinge übers Meer im Januar 

Italien gehört zu den Ländern, die von der Fluchtbewegung übers
Mittelmeer besonders betroffen sind. Im Januar wurden 3.368
Neuankömmlinge gezählt, mehr als vor einem Jahr (2.258). Vergangenes
Jahr waren es insgesamt etwa 66.500, nicht einmal halb so viel wie
2023. Auf der gefährlichen Überfahrt kommen immer wieder Menschen ums
Leben.

Für die Lager lässt die Regierung nur Männer aussuchen, die aus ihrer

Sicht aus sicheren Herkunftsstaaten kommen. Frauen und Kinder werden
nicht dorthin gebracht. Inzwischen hat sich ein heftiger Streit
zwischen Regierung und Justiz entwickelt. Dabei geht es darum, wer
festlegen darf, ob ein anderer Staat ein sicheres Herkunftsland ist.
Zuletzt gab es eine Entscheidung des Obersten Gerichts in Rom, die
Spielraum für die Regierung zu schaffen scheint. 

Streit zwischen Regierung und Justiz

Die rechte Koalition wirft der Justiz vor, die Regelung aus
politischen Gründen zu torpedieren. Richterverbände weisen dies als
Versuch zurück, die Justiz unter Druck zu setzen. Die Tageszeitung
«La Repubblica» berichtete am Sonntag über Überlegungen innerhalb d
er
Regierung, dem Berufungsgericht in Rom durch einen neuen Erlass die
Zuständigkeit zu entziehen.

Die linke Opposition wiederum kritisiert Meloni auch wegen
Verschwendung von jetzt schon vieler Millionen Euro Steuergeld. Die
Kosten für Bau und Betrieb der Lager in Shengjin und Gjader werden
auf mehr als 650 Millionen Euro beziffert. Im Prinzip ist dort Platz
für mehr als 1.200 Migranten zugleich.