EU-Gipfel berät über Verteidigung und Beziehungen zu Trump

03.02.2025 04:30

Die Bedrohungen durch Russland und der Machtwechsel in den USA
bereiten der EU Sorgen. Braucht es eine ganze neue Strategie? Und
welche Kompromisse sind denkbar?

Brüssel (dpa) - Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten wollen
heute bei einem Treffen in Brüssel über mögliche gemeinsame
Initiativen zum Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten beraten. Frage
wird dabei vor allem sein, wie notwendige Investitionen finanziert
werden sollen. 

Etliche Staaten sind angesichts der Bedrohungen durch Russland offen
für die Aufnahme neuer gemeinsamer Schulden. Insbesondere
Deutschland, die Niederlande und Österreich lehnen dies aber ab.

Weiteres Thema bei den Beratungen wird die Frage nach dem Umgang mit
dem neuen US-Präsidenten Donald Trump und dem Risiko eines
Handelskriegs sein. Der Republikaner hat im Wahlkampf angekündigt,
auf Importe aus der EU und anderen Ländern neue Zölle einführen zu
wollen. Auf Einfuhren aus Kanada, Mexiko und China wurden bereits am
Wochenende neue Zölle verhängt.

Aus Deutschland will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu den
eintägigen Beratungen anreisen. Zu dem informellen Gipfel sind zudem
Nato-Generalsekretär Mark Rutte und der britische Premierminister
Keir Starmer eingeladen. Rutte wird EU-Angaben zufolge an dem
Arbeitsmittagessen der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten
teilnehmen und Starmer dann am Abendessen. 

Worauf könnten sich die Führungsspitzen einigen?

Als ein möglicher Kompromiss in der Aufrüstungsdebatte wird der
Ausbau der Rüstungsfinanzierung durch die Europäische
Investitionsbank (EIB) gesehen. Zudem ist auch ein Programm im
Gespräch, bei dem die EU-Kommission für Mitgliedstaaten Darlehen zu
günstigen Bedingungen organisiert. Mit einem solchen Programm hatte
die Kommission in der Corona-Krise auch nationale
Kurzarbeitsregelungen unterstützt. 

Theoretisch könnte auch vereinbart werden, bestimmte
Verteidigungsausgaben vorerst bei der Berechnung von nationalen
Defiziten auszunehmen. Diese dürfen nach EU-Regeln eigentlich nicht
drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen.

Finanzierungsbedarf in dreistelliger Milliardenhöhe

Um was für Dimensionen es geht, zeigen Schätzungen der EU-Kommission.
Sie ging bereits im vergangenen Sommer davon aus, dass in den
nächsten zehn Jahren zusätzliche Verteidigungsinvestitionen in Höhe
von rund 500 Milliarden Euro erforderlich sind. Als mögliche
EU-Projekte gelten dabei zum Beispiel ein europäisches
Luftverteidigungssystem und eine verstärkte Sicherung der östlichen
Landgrenze der Union.

Die Beratungen im Palais d'Egmont sollen nach EU-Angaben ein erstes
Stimmungsbild ermöglichen und als Input für konkrete
Gesetzesplanungen der EU-Kommissionen dienen. Weitreichende
Entscheidungen wird es demnach frühestens beim EU-Sommergipfel Ende
Juni geben.

Bundesregierung setzt auf gemeinsame Beschaffung

Aus deutschen Regierungskreisen hieß es vor dem Gipfel, zur Förderung
der Verteidigungsbereitschaft sei ein schnelles und entschlossenes
Handeln erforderlich. Es gelte, kritische Fähigkeitslücken zu
schließen, Lagerbestände aufzufüllen und die Interoperabilität der

Streitkräfte zu verbessern. Gleichzeitig müsse die Unterstützung der

Ukraine fortgesetzt werden.

Aus Sicht der deutschen Regierung soll es dazu auch um Regeln für die
gemeinsame Entwicklung und Beschaffung von Rüstungsgütern in der EU
gehen. Ein Vorschlag dabei ist, Ausschreibungsvorgaben so zu
verbessern, dass EU-Mitglieder sich leichter an bereits laufenden
Rüstungsgeschäften beteiligen können.