Energiepreise runter - Wie Brüssel die Industrie stärken will

23.02.2025 11:48

Europas Wirtschaft hinkt hinterher. Als Gründe gelten unter anderem
hohe Energiepreise und strenge Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit.
Was plant Brüssel?

Brüssel (dpa) - Langsames Wirtschaftswachstum, zunehmende
geopolitische Spannungen, harter technologischer Wettbewerb und
drohende US-Zölle: Die Aussichten für Europas Wettbewerbsfähigkeit
sind alles andere als rosig. Zudem gilt es, die Klimakrise und ihre
Folgen zu bekämpfen. Legte die EU-Kommission in der letzten
Wahlperiode mit dem «Green Deal» noch ein beispielloses
Maßnahmenpaket vor allem für einen drastischen Rückgang der
Treibhausgasemissionen auf den Tisch, rückt nun Europas Industrie in
den Fokus. 

Die Brüsseler Behörde will an diesem Mittwoch mehrere Ideen und
Maßnahmen präsentieren, um die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu
bringen. So will sie etwa mit dem sogenannten Clean Industrial Deal
(CID, «saubere-Industrie-Deal») ein Maßnahmenpaket vorlegen, das von

kritischen Rohstoffen bis internationaler Zusammenarbeit verschiedene
Bereiche betrifft. Dazu gehört ein Aktionsplan für niedrigere
Energiepreise. Und es sollen Vorgaben etwa bei Berichtspflichten zur
Nachhaltigkeit und für Investitionen vereinfacht werden. 

Was schlägt die EU-Kommission vor? Ein Überblick.

Fokus auf grüne Technologien

Der Schwerpunkt des Clean Industrial Deals liegt auf
energieintensiven Industriezweigen und sauberen, grünen Technologien
(«clean-tech») wie etwa Windrädern, wie aus einem Entwurf hervorgeht,

der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. So setzt die Kommission
etwa darauf, dass künftig 40 Prozent der grünen Technologien in der
EU hergestellt werden sollen. Sie will dem Entwurf zufolge auch bis
Ende 2026 vorschlagen, die Richtlinie über die öffentliche
Auftragsvergabe so zu überarbeiten, dass nicht mehr nur der Preis den
Ausschlag für einen Bieter geben soll.

Bezahlbare Energie

Die hohen Energiepreise in Europa machen der Industrie zu schaffen.
Mit einem Aktionsplan für bezahlbare Energie will die EU-Kommission
unter anderem die Preise senken und den Ausbau grüner Energie
vorantreiben. Dafür sollen etwa die Wettbewerbsregeln vereinfacht
werden, wie aus einem Entwurf des Plans hervorgeht, der der Deutschen
Presse Agentur ebenfalls vorliegt. Für niedrigere Stromkosten fordert
die Kommission die Mitgliedstaaten unter anderem auf, die
Stromsteuern zu senken.

Mehr Recycling

Aus Sicht der Kommission sollte Europa bei der Beschaffung wichtiger
Rohstoffe strategischer vorgehen, um Abhängigkeiten drastisch zu
verringern und Versorgungsunterbrechungen zu vermeiden, heißt es in
dem Entwurf. Das heißt unter anderem: Mehr recyceln. 25 Prozent
sogenannter strategischer Rohstoffe sollen bis zum Ende des
Jahrzehnts aus der Wiederverwertung kommen. Um das zu unterstützen,
soll es bis Ende 2026 ein Gesetz geben, das einen Binnenmarkt für
Abfälle und wiederverwendbare Materialien schafft.

Weniger Berichtspflichten

Wie aus einem Entwurf hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur
ebenfalls vorliegt, könnten die EU-Vorgaben für
Nachhaltigkeitsberichterstattung nach Willen der EU-Kommission
künftig für weniger Unternehmen gelten, etwa nicht mehr für kleine
und mittlere Unternehmen. Auch das EU-Lieferkettengesetz will die
Behörde demnach anfassen. Wie aus dem Entwurf hervorgeht, könnte sie
vorschlagen, bestimmte Verpflichtungen zu reduzieren.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagte, bei der
Nachhaltigkeitsberichterstattung sei in den vergangenen Jahren
«einiges aus den Fugen geraten». Weiter sagte der
Wirtschaftspolitiker: «Die Bürokratiewelle, die mit europäischem
Lieferkettengesetz und Nachhaltigkeitsberichterstattung auf unsere
Unternehmen zurollt, ist riesig.» Die Kommission tue gut daran, hier
nun aufzuräumen. Es handele sich um sehr substanzielle Vorschläge,
die nun nicht im Gesetzgebungsprozess zerrieben werden dürften.

Finanzierung

Für die grüne Transformation sind nach Angaben der Kommission
dreistellige Milliardeninvestitionen in Energie, Industrie und
Transport nötig, wie aus dem Entwurf für den Clean Industrial Deal
hervorgeht. Unter anderem soll die Vergabe von Staatshilfen
erleichtert werden. Neben öffentlichen Mitteln soll aber nach dem
Willen der Kommission vor allem privates Kapital genutzt werden. 

Wie aus einem der dpa vorliegendem Entwurf für die Vereinfachung von
Investitionen hervorgeht, will die Behörde unter anderem InvestEU,
das langfristige Finanzierungsprogramm der EU, um 2,5 Milliarden Euro
auf 28,6 Milliarden Euro EU-Garantien aufstocken. Damit erhofft sie
sich, mindestens 50 Milliarden Euro an privaten Investitionen
anzuregen. Mit den Garantien aus dem EU-Haushalt sichert InvestEU
Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB)- und anderen
Finanzinstituten ab.

Kommission hält an Klimazielen fest

Bei all den Maßnahmen hält die EU-Kommission an dem Ziel fest, die
Staatengemeinschaft bis 2050 klimaneutral zu machen - also nicht mehr
Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können. Auch
soll dem Entwurf zufolge das Zwischenziel einer Reduktion der
Treibhausgase um 90 Prozent bis 2040 festgehalten werden. Dieses
Zwischenziel ist bislang eine Empfehlung der EU-Kommission, ein
bindender Gesetzesvorschlag steht noch aus.