London und Paris wollen Waffenruhe-Plan für Ukraine vorlegen
02.03.2025 13:30
Nach dem Eklat im Weißen Haus wollen London und Paris mit einer
«Koalition der Willigen» vorangehen, um die Friedensinitiative für
die Ukraine in Schwung zu bringen. Welche Rolle kann Berlin spielen?
London (dpa) - Großbritannien und Frankreich wollen einen Plan für
eine Waffenruhe in der Ukraine ausarbeiten. Das sagte der britische
Premierminister Keir Starmer in einem BBC-Interview kurz vor Beginn
der Ukraine-Konferenz europäischer und westlicher Spitzenpolitiker in
London.
«Wir haben uns nun darauf geeinigt, dass das Vereinigte Königreich
zusammen mit Frankreich und möglicherweise ein oder zwei weiteren
Ländern mit der Ukraine an einem Plan zur Beendigung der Kämpfe
arbeiten wird», sagte Starmer. Anschließend solle der Plan mit den
Vereinigten Staaten besprochen werden. Das sei das Ergebnis von
Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj,
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und US-Präsident Donald Trump
am Samstag.
«Koalition der Willigen»
Starmer betonte, er wolle gemeinsam mit anderen handlungsbereiten
Verbündeten vorangehen, um konkrete europäische Sicherheitsgarantien
für die Ukraine auf den Weg zu bringen. «Das ist wahrscheinlich erst
einmal eine Koalition der Willigen», sagte Starmer. Er wolle
niemanden kritisieren, aber das sei besser, als auf jedes einzelne
Land in Europa zu warten. Welche Rolle Deutschland spielen kann,
blieb zunächst offen.
Zu dem Eklat im Weißen Haus zwischen Selenskyj und Trump sagte
Starmer: «Das will niemand sehen.» Deswegen habe er den Hörer in die
Hand genommen und mit den Beteiligten gesprochen. «Mein Antrieb war,
dies gewissermaßen zu überbrücken und uns wieder auf den zentralen
Fokus zurückzuführen», sagte Starmer.
Zweifel an der Bündnistreue der USA
Der britische Premier hat mehr als ein Dutzend westliche Staats- und
Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und Nato zu Beratungen nach
London eingeladen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz reiste zu dem
Treffen in die britische Hauptstadt. Selenskyj traf bereits am Vortag
in London ein.
Neben dem Zerwürfnis zwischen der Ukraine und den USA dürften vor
allem die dadurch aufgeworfenen Zweifel an der Bündnistreue des
wichtigsten Nato-Mitglieds unter Präsident Donald Trump das
Gipfeltreffen dominieren.
USA wollen keine Absicherung zusagen
Großbritannien und Frankreich haben Bereitschaft signalisiert, eigene
Truppen zur Friedenssicherung in der Ukraine abzustellen. Sie pochen
allerdings auf eine Absicherung durch die USA - und zu einer
entsprechenden Zusage ließ sich Trump trotz einer Charmeoffensive
Macrons und Starmers bei Besuchen in Washington in dieser Woche
bisher nicht bewegen.
Die militärische Absicherung eines Friedens durch die USA werde
Inhalt von andauernden Diskussionen mit Washington sein, sagte
Starmer. Das wichtigste Ergebnis seines Treffens mit Trump in dieser
Woche sei, dass solche Gespräche zwischen den USA und Großbritannien
vereinbart worden seien. «Es ist aus meiner Sicht klar, dass
Präsident Trump einen andauernden Frieden will und ich stimme mit ihm
darin überein», sagte der Brite.
Warmer Empfang für Selenskyj in London
Bei Selenskyjs Treffen mit Trump am Freitag war es zu einem
beispiellosen Eklat gekommen. Der Ukrainer lieferte sich vor
laufenden Kameras ein heftiges Wortgefecht mit Trump und dessen Vize
J.D. Vance, die ihn öffentlich mit schweren Vorwürfen überzogen. Die
ukrainische Delegation musste ohne die erhoffte Solidaritätsadresse
ihres bis dato wichtigsten Verbündeten abreisen. Zur Unterzeichnung
eines Abkommens über den Abbau von Bodenschätzen in der Ukraine und
einer gemeinsamen Pressekonferenz kam es nicht mehr.
Starmer, der sich als Brückenbauer zwischen den USA und Europa
positioniert, hatte auf eine öffentliche Solidaritätsbekundung mit
Selenskyj auf Social Media zunächst verzichtet, dem ukrainischen
Präsidenten aber einen demonstrativ herzlichen Empfang an seinem
Amtssitz in der Downing Street bereitet.
Erwartet werden neben Selenskyj und Scholz unter anderem auch Macron,
Meloni, Polens Regierungschef Donald Tusk sowie
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident
António Costa und Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Auch Kanadas
Premierminister Justin Trudeau und der türkische Außenminister Hakan
Fidan reisen in die britische Hauptstadt.